24.01.2017 23:01:00
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30 Jahre ÖVP-Agrarpolitik: Rupprechter und Ex-Minister ziehen Bilanz
Nur in den 1970- und 1980er-Jahren war das Agrarministerium für siebzehn Jahre in sozialdemokratischer Hand. Riegler wurde am 21. Jänner 1987 als ÖVP-Landwirtschaftsminister angelobt. Er gilt als Vordenker der ökosozialen Agrarpolitik und Marktwirtschaft und versuchte damals Liberalismus und christliche Soziallehre sowie Agrar- und Umweltthemen zu verbinden.
Die Zahl der Anzahl der Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft ist in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 40 Prozent auf rund 160.000 Betriebe gesunken. Der jahrzehntelange Strukturwandel der Landwirtschaft - Stichwort Dienstleistungsgesellschaft - hat sich vor und nach dem EU-Beitritt fortgesetzt.
Die bis dahin reglementierten Erzeugerpreise (u.a. Milch, Getreide, Fleisch) gingen mit der Marktöffnung im Rahmen des EU-Beitritts zum Teil drastisch zurück, im Gegenzug erhielten die österreichischen Bauern aber degressive Förderungen, die später zu produktionsunabhängigen Direktzahlungen umgewandelt wurden. Der Bio- und Agrarexportboom half den Bauern, die zeitweise Preiskrise bei Milch und Schweinefleisch sowie diverse Lebensmittelskandale im Ausland belasteten die Branche.
Riegler wollte im Jahr 1987 als neuer ÖVP-Agrarminister die österreichische Landwirtschaft "wirtschaftlich stärker und leistungsfähiger" machen und "mehr soziale Gerechtigkeit" für Bergbauern und kleine Bauern erreichen. Es sei ihm darum gegangen, "ökologische Verantwortung" und "Gleichgewicht in die Märkte zu bringen", sagte der ehemalige Landwirtschaftsminister am Dienstagabend.
Im Jahr 1988 präsentierte Riegler dann das Manifest der ökosozialen Marktwirtschaft. Nach zwei Jahren musste Riegler als Landwirtschaftsminister "leider Abschied nehmen", weil er mit der Regierungsumbildung dann bis 1991 ÖVP-Bundesobmann, Vizekanzler und Minister für Föderalismus und Verwaltungsreform war. Als besondere Meilensteine der Landwirtschaftspolitik in den 1990er-Jahren bezeichnete Riegler die Einführung des Agrar-Umweltprogramms ÖPUL in Österreich, den Umbau der Marktordnung und den Boom des Biolandbaus.
Der ehemalige Landwirtschaftsminister bezog sich in seiner Rede auch auf aktuelle politische Entwicklungen: Er warnte vor "aus dem Ruder laufende Führungspersönlichkeiten in der Welt". "Seit aufmerksam und wehret den Anfängen, wo immer es möglich ist", sagte er in Richtung der anwesenden Politiker und Bauernvertreter. Es brauche "eine wache Zivilgesellschaft", die nicht nur einfach nicke.
Die ehemaligen ÖVP-Landwirtschaftsminister zeigten sich bei der Abendveranstaltung mit der Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft zufrieden. Franz Fischler war von 1989 bis 1994 im Amt und reformierte dann von 1995 bis 2004 als EU-Agrarkommissar die europäische Landwirtschaftspolitik. Wilhelm Molterer war von 1994 bis 2003 Landwirtschaftsminister, gefolgt von Joseph Pröll (2003-2008), Nikolaus Berlakovich (2008-2013) und dem aktuellen Minister Andrä Rupprechter
Für Fischler war es einer der schwierigsten Aufgaben als Landwirtschaftsminister die österreichischen Bauern von einem EU-Beitritt im Jahr 1995 zu überzeugen. Der Durchschnitt der österreichischen Agrarpreise lag damals um ein Drittel höher als die EU-Preise. Molterer bezeichnete es als "glückliche Fügung", dass der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und Vizekanzler Alois Mock (ÖVP) gemeinsam in Richtung EU gegangen seien, es habe damals auch "viel Skepsis gegeben".
Für Pröll waren die Themen Regionalität, Genuss und Agrarexporte in seiner Amtszeit besonders wichtig. Er habe aber immer den Bauern klar gemacht, dass "am Markt verdient werden muss". Als Highlight seiner Ministerzeit bezeichnete Berlakovich die letzte Agrarreform "von Anfang bis zum Ende" für Österreich mitverhandelt zu haben. Man sei zu Verhandlungsbeginn mit einem Minus von 30 Prozent beim Agrarbudget gestartet und am Ende habe das Minus nur drei Prozent für die österreichischen Bauern betragen. Beim Thema Bienen und Pestizide habe er aber politisch "viel eingesteckt, es war eine harte Zeit".
Für den amtierenden Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter ist "die ökosoziale Marktwirtschaft aktueller denn je". Riegler sei als "Visionär ans Werk gegangen" und habe "Verantwortung für die Zukunft" übernommen. Die ökosoziale Marktwirtschaft sei ein Gegenentwurf zum protektionistischen "Trumpism" oder chinesischem Staatskapitalismus.
(Schluss) cri/ed
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