06.02.2019 23:57:42
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BERLINER MORGENPOST: Eine Ära geht zu Ende / Leitartikel von Peter Zander
Berlin (ots) - Servus sagt man gewöhnlich erst zum Schluss. Dieter
Kosslick hat freilich schon vor zehn Tagen bei der
Berlinale-Pressekonferenz erste Abschiedsworte gefunden. Und das gab
wohl schon den Ton für die nächsten Tage vor. Denn das 69.
Filmfestival, das er am heutigen Donnerstagabend am Potsdamer Platz
eröffnen wird, ist zugleich das letzte, das er zu verantworten hat.
Am 31. Mai wird er, einen Tag nach seinem 71. Geburtstag, sein Büro
räumen. Damit geht wirklich eine Ära zu Ende. Denn es ist ja nicht
nur Kosslick, der geht. Die Spitze der Panorama-Sektion hat schon
letztes Jahr gewechselt. Der ehemalige Forum-Chef leitet inzwischen
das Filmfestival in Marrakesch, sein Posten wird noch kommissarisch
vertreten. Und auch die Leiterin der Kurzfilmabteilung geht andere
Wege. Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, die nächstes Jahr die
Berlinale erstmals als Doppelspitze leiten, werden also mit einer
richtigen Stunde null beginnen müssen. Und das in einem Jahr, in dem
auch noch ein großes Festival ansteht: der 70. Geburtstag der
Berlinale. Bevor man dann einen großen Rückblick werfen wird auf die
lange Geschichte des Festivals, wird man in den nächsten elf Tagen
vor allem auf die letzten 18 Jahre zurückblicken. Kosslick plant zwar
anders als sein Vorgänger Moritz de Hadeln 2001 keine besonderen
Events zu seinem Abschied. Aber an anderen Stellen, so hört man, ist
sehr wohl geplant, Kosslick zu würdigen und zu huldigen. Es wird also
eine sehr emotionale Berlinale mit vielen sentimentalen Momenten.
Dieter Kosslick hat das verdient. Den Auftrag, den man ihm bei
Amtsantritt gab, hat er mehr als erfüllt. Den nämlich, das Festival
groß zu machen. Kosslick hat die Berlinale über ihr Epizentrum am
Potsdamer Platz hinaus über die Stadt ausgedehnt, ist in Kieze
gedrungen, hat auch alle anderen Künste miteinbezogen und aus einem
eher elitären Filmfestival ein populäres Stadtfestival gemacht. Vor
allem hat er auch das deutsche Kino mit dem Festival versöhnt und
auch den Nachwuchs gleich mit eingebunden. Filmförderung mit den
Mitteln eines Festivals. Und er hat das Publikumsfestival - was die
Berlinale ja schon immer war und was sie von anderen A-Festivals
signifikant unterscheidet - noch mal entscheidend ausgebaut. Das
alles sind unbestreitbare Verdienste, die man Dieter Kosslick nicht
hoch genug anrechnen kann. Freilich gab es auch immer wieder Kritik
an seiner Programmauswahl, die in den letzten Jahren immer lauter
wurde. Den bösen Brief zahlreicher Filmschaffender, der 2017 an die
Öffentlichkeit gelangte und den Berlinale-Chef vor aller Welt
diskreditierte, hat Kosslick allerdings nicht verdient. Auch nicht,
dass Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ihm nicht den
Rücken stärkte, sondern danach verkündete, sein Vertrag werde über
2019 nicht weiter verlängert. Kosslick hatte das ohnehin nie
vorgehabt. Die Wogen haben sich, das ist zu hoffen, etwas geglättet.
Ein Festivalchef genießt bei seiner letzten Ausgabe so etwas wie
Narrenfreiheit, das war auch bei de Hadeln so. Natürlich wird
Kosslick noch mal allen zeigen wollen, was in ihm steckt und was mit
ihm verloren geht. Und auch seine Kritiker werden nicht ruhen und
nach möglichen Schwächen und Verschleißerscheinungen suchen, um sagen
zu können, sie hätten es schon immer gewusst. Unter diesen Prämissen
und Reibungen kann das ein sehr spannendes Festival werden. Am Ende
werden aber wohl doch die verklärenden Momente überwiegen.
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Pressekontakt: BERLINER MORGENPOST
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