08.11.2012 16:00:32
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Börse Frankfurt/Baader Bond Markets: "Heißer -2-
Stopp
8. November 2012 MÜNCHEN (Baader Bank). Nachdem das erste Ereignis abgehakt werden konnte - die Wiederwahl Obamas - wenden sich die Märkte unverzüglich den anstehenden Problemen zu, denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel. In Feierlaune sind die Märkte nicht, sondern es gilt nach dem Motto zu verfahren: "Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt." Diese Einstellung ist u.a. in Griechenland verpönt, denn dort haben die Gewerkschaften zu einem zweitägigen Generalstreik aufgerufen, dem fünften in diesem Jahr. Es drängt sich somit immer mehr die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Zwangsernährung des griechischen Patienten gegen seinen Willen auf.
Die griechische Regierung und das Parlament haben zwar in der Nacht mit knapper Mehrheit noch die notwendigen flankierenden Maßnahmen verabschiedet, aber die Märkte werden wohl bis zum Treffen der Euro-Finanzminister am 12. November auf Fakten warten müssen. Erst dann wird "kurz vor Zwölf" bekanntgegeben, wie mit der griechischen Schuldenlast zukünftig umgegangen wird. Denn am 16. November wäre Griechenland - nach eigenem Bekunden - das Geld ausgegangen. Griechenland wäre dann de facto zahlungsunfähig, aber hinter den Kulissen wird heftig weiterdiskutiert, denn niemand will später in den Geschichtsbüchern als der "Totengräber der Eurozone" bezeichnet werden.
An der Börse sagt man: "Hoffen und harren hält manche zum Narren", aber auch für Politiker gilt dieser Spruch. Und zu allem Überfluss beginnt am 11.11. um 11 Uhr 11 die närrische Zeit. Wollen wir hoffen, dass nicht mit einer eintägigen Verzögerung ein weiteres närrisches Treiben an den Finanzmärkten Einzug hält. Denn eines ist gewiss: "Am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei!"
Die perfekte Gerade ist eine Kurve
"Von nun an ist die perfekte Gerade eine Kurve." Dieser Werbeslogan könnte für die Regeln und Gesetze gelten, die zur "Rettung" des Euro von Regierungen und Europäischer Zentralbank zurechtgebogen werden. Anscheinend hat die EZB bei der Kreditvergabe mit zweierlei Maß gemessen. So berichtete die "Welt am Sonntag", dass die spanischen Banken wahrscheinlich Kredite von 16,6 Milliarden Euro erhalten hätten, die in dieser Höhe nicht durch die Vorschriften der Notenbank gedeckt seien. Bei den hinterlegten Geldmarktpapieren, den sogenannten T-Bills, nahm die Notenbank geringere Risikoabschläge vor als bei anderen Ländern mit einem vergleichbaren Rating. Statt auf die Bewertungen der drei großen Rating-Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch zurückzugreifen, nahm sie das Rating einer vierten Agentur, der kanadischen DBRS, als Maßstab. Diese bewertet spanische Staatsanleihen immer noch mit "A low". Im Unterschied zur B-Bewertung der großen Agenturen eine erstklassige Note. Bei Irland, das ein vergleichbares Rating wie Spanien aufweist, orientiert sich die EZB aber an den schlechteren Ratings der großen Drei. Ein Schelm, der dieses als Folge der Romanisierung der Zentralbank sieht.
SAP refinanziert 1,3 Milliarden Euro
Die Aktivitäten am Primärmarkt für Euro-Corporates haben nach der Verschnaufpause in den vergangenen beiden Wochen jetzt wieder deutlich zugenommen. Es kommt also wieder Leben in die Bude.
Das italienische Gasversorgungs-Unternehmen Snam (A- gerated bei S&P), eine Tochtergesellschaft des italienischen Erdöl- und Energiekonzerns Eni, emittierte am Dienstag dieser Woche Anleihen in zwei Tranchen mit einem Volumen von jeweils 750 Millionen Euro. Die kurzlaufende Tranche mit Fälligkeit November 2015 ist mit einem Kupon i.H.v. 2,00 Pozent ausgestattet. Final wurde ein Spread von 150 BP über Midswaps auf das Ticket der Investoren geschrieben. Der Emissionspreis betrug 99,847 Prozent. Die langlaufende Tranche (Februar 2020) hat einen Kupon i.H.v. 3,50 Prozent und wurde bei 99,646 Prozent begeben.
Das besondere Highlight in dieser Handelswoche war allerdings der Auftritt des größten europäischen Softwareherstellers SAP (nicht gerated) am Kapitalmarkt. Emittiert wurden zwei Tranchen mit Laufzeiten von drei und sieben Jahren. Die Tranche mit Fälligkeit im November 2015 (A1R0U3) besitzt einen Kupon i.H.v. 1,00 Prozent. Der Emissionspreis für die 550 Millionen Euro große Anleihe betrug 99,791 Prozent. Die 750 Millionen Euro große Tranche mit Rückzahlungstermin im November 2019 (A1R0U2) ist mit einem Kupon von 2,125 Prozent ausgestattet. Um für Privatanleger interessant zu sein, hat sich das Unternehmen für nominal 1.000 Euro als kleinste handelbare Einheit entschieden.
Darüber hinaus emittierte der spanische Finanzdienstleistungskonzern Mapfre SA (BBB - gerated bei S&P) eine 1 Milliarden Euro große Anleihe mit einer Laufzeit von drei Jahren. Der Kupon beträgt 5,375 Prozent und der Emissionspreis der Anleihe mit Rückzahlungstermin im November 2015 wurde zu pari festgelegt.
Neuer Umgang mit Rating-Agenturen?
Steht die Rating-Branche vor einer Zeitenwende? Eine Bundesrichterin in Sydney hat die Rating-Agentur Standard & Poor's sowie ABN Amro zur Zahlung einer Entschädigung an mehrere australische Gemeinden verurteilt, die Verluste mit komplexen Finanzprodukten erlitten haben. Die Bewertung des strukturierten Finanzproduktes mit der Höchstnote AAA sei täuschend und irreführend gewesen. Ein lokaler Finanzdienstleister hatte diese Produkte 2006 von ABN Amro gekauft und dann an 13 Gemeinden von New South Wales weiter verkauft. Im Herbst 2008 fiel der Wert dieser Produkte auf unter 10 Prozent, sodass sie liquidiert wurden.
Nach Ansicht des Gerichts sei die Verleihung der Bestnoten auf falschen Modellannahmen erfolgt, die die Rating-Agentur von ABN Amro gutgläubig und ungeprüft übernommen sowie zum Teil willkürlich gewählt habe. Insgesamt wurden etwa 16 Millionen australische Dollar investiert. Die festgesetzte Entschädigung, um Zinszahlungen und Anwaltskosten auszugleichen, beläuft sich auf 30 Millionen australische Dollar. Hierbei wurde erstmalig eine Ratingagentur für ihre Bewertung eines Finanzprodukts zur Verantwortung gezogen. Dieser Fall könnte ein Präzedenzfall sein und zu einer Kaskade von Anklagen gegenüber Rating-Agenturen führen.
Solvente Schuldner. Ein Relikt aus früheren Zeiten
Europa geht die Zahl der solventen Schuldner aus. Die Liste mit diesen Staaten ist übersichtlicher als die der Sorgenkinder. Die Eingruppierung Frankreichs wirft aktuell Fragen auf. Wegen des Nullwachstums und steigender Schulden ist das Haushaltsloch größer geworden. Die Konjunkturexperten der EU gehen davon aus, dass das Defizit im laufenden Jahr ein Minus von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen und damit deutlich über der Defizitgrenze von 3 Prozent liegen wird. Mit einem gewissen Optimismus gehen sie von 3,5 Prozent in den kommenden beiden Jahren aus. Die steigenden Arbeitslosenzahlen und die von Frankreichs Präsident François Hollande angekündigten Steuererhöhungen verhindern eine stärkere Erholung. Reformen zur Steigerung der französischen Wettbewerbsfähigkeit und eine Sanierung der Staatsfinanzen sind also dringend nötig, um die Bonität zu sichern. Ob dazu aber die Entlastung der kriselnden Wirtschaft um 20 Milliarden Euro ausreichen wird, wie am Dienstag beschlossen, muss bezweifelt werden. Schafft es die EU dann nach Griechenland, Irland, Portugal und Spanien wohl auch noch, Frankreich zu stützen?
Hochdruckgebiet Euroland
In den vergangenen Wochen hat sich immer wieder die alte Weisheit: "Buy on dips" als richtige Vorgehensweise herausgestellt. Dennoch hat vielen Marktteilnehmern der Mut gefehlt, sich bei diesen Renditen unterhalb der Inflationsrate zu engagieren. Aber vor dem Hintergrund der starren Haltung Griechenlands, der negativer werdenden Konjunkturprognosen für Europa und dem Problem "fiscal cliff", das sich auch durch die Wiederwahl Obamas nicht von selbst auflöst, hat sich der Euro-Bund-Future angeschickt, die obere Trendkanallinie bei 142,62 (Hoch vom 29.08.) zu überwinden.
Sollte diese Linie nur im Tagesverlauf getestet werden und nachhaltig nicht zu halten sein, so droht aus charttechnischer Sicht ein Rückfall in den Bereich bei 141,90 Prozent (mehrere Hochs im Oktober) bzw. auf 140,50 Prozent. Für die "Bullen" unter den Rentenhändlern ist allerdings immer noch das Hoch vom 2. August bei 143,35 Prozent im Bereich des Möglichen angesiedelt.
Generell gilt also weiterhin, dass der Euro-Bund-Future als europäisches Sorgenbarometer fungiert und auf entsprechende Nachrichten reagiert. Es bleibt also spannend.
Spanien zapft heute den Kapitalmarkt an
Im Vorfeld der EZB-Sitzung am heutigen Donnerstag und nicht zuletzt wegen der US-Präsidentschaftswahl hielten sich die Staatsregierungen mit Refinanzierungsmaßnahmen eher zurück und beschränkten sich auf das Notwendigste. So stockte zum Beispiel Österreich zwei Anleihen (A1G6UU / 2019 und A1GZRQ / 2022) auf. Auch in Deutschland stand in dieser Handelswoche eine weitere Aufstockung der fünfjährigen Bundesobligation Serie 164 (WKN 114164) in Höhe von 4 Milliardeb Euro auf der Agenda. Das Emissionsvolumen beträgt nun 13 Milliarden Euro und die Zuteilung erfolgte bei einer 1,5-fachen Überzeichnung mit einer Durchschnittsrendite von 0,42 Prozent. Lediglich am 1. August konnte im Rahmen einer Auktion eine niedrigere Rendite für diese Laufzeit erzielt werden. Für Investoren, denen diese Renditen nicht reichen, zeigte sich in dieser Woche noch die Alternative in Form einer EFSF-Anleihe (WKN A1G0AR (MORE TO FOLLOW) Dow Jones Newswires
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/ Laufzeit bis 2019) auf. Die Rendite der ebenfalls um 1,5 Milliarden Euro
aufgestockten Anleihe belief sich auf 1,44 Prozent.
Am heutigen Donnerstag wird mit Spannung die Marktakzeptanz der geplanten Aufstockungen zweier Altemissionen Spaniens (WKN A1G91J, 607762 / Laufzeiten 2015 bzw. 2032) sowie die Begebung einer neuen Anleihe mit Endfälligkeit Januar 2018 und einem Volumen von etwa 4 Milliarden Euro erwartet.
US-Dollar profitiert von der Schwäche des Euros
Die US-Amerikaner haben gewählt. Neuer und alter Präsident ist und bleibt Barack Obama. Die Marktteilnehmer und die Anlegerschar der Eurozone haben leider keine Wahl und müssen sich weiterhin mit den alten und immer wiederkehrenden Problemen sowie den Herausforderungen der Schuldenkrisen auseinandersetzen.
Am Devisenmarkt ist die Verunsicherung der Marktteilnehmer in Form einer deutlich gestiegenen Nervosität zu spüren und somit zeigt sich der Euro aktuell nicht gerade von seiner stabilsten Seite. Fiel er zum Wochenbeginn noch auf ein Zwei-Monats-Tief, so konnte er sich nach der Wiederwahl Obamas wieder um über einen Cent verteuern. Aber nach den jüngsten Wirtschaftsmeldungen und Äußerungen des europäischen Notenbankchefs kam der Euro gestern Nachmittag unverhofft unter die Räder und notierte im Low bei 1,2734 US-Dollar.
Solange es allerdings keine wirklichen Fortschritte gibt, um die Euro-Schuldenkrise nachhaltig in den Griff zu bekommen, sind Währungsanleihen ein probates Mittel zur Risikostreuung. Somit interessieren sich die Privatanleger immer noch für Fremdwährungsanleihen auf norwegische Kronen, australische Dollar und türkische Lira. Insbesondere die türkische Lira profitiert von der Hochstufung der eigenen Staatsbonität durch die Ratingagentur Fitch von BB+ auf BBB- mit stabilem Ausblick.
Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
© 8. November 2012/Baader Bank AG
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