23.01.2015 20:47:59
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Börsen-Zeitung: Alles auf null, Marktkommentar von Kai Johannsen
Die Zahl lohnt es sich einmal herunterzubrechen. Bei 60 Mrd. Euro pro Monat werden die Händler in den nationalen Notenbanken dann zusammengenommen jeden Handelstag im Schnitt 3 Mrd. Euro ausgeben. Bei einem zehnstündigen Handelstag also 300 Mill. Euro pro Stunde. Würde man das Geld in Eigenheimen anlegen, bekäme man schon ein kleines Umsetzungsproblem, wollte man 300 qualitativ hochwertige Einfamilienhäuser zum Stückpreis von 1 Mill. Euro erwerben - pro Stunde versteht sich, und das Tag für Tag 19 Monate lang.
Aber am Anleihemarkt dürfte das zu realisieren sein. Die Staatsanleihemärkte, die immerhin allein schon auf ein Volumen von rund 6,5 Bill. Euro kommen (gemessen an den notenbankfähigen Papieren), sind groß genug. Über Agency-Titel und Covered Bonds kommen weitere 2,7 Bill. Euro hinzu. Aber auch hier müssen die nationalen Notenbanken schon ganz kräftig das Gaspedal gedrückt halten, wenn sie die Summen umsetzen wollen, denn man kann die Größenordnung nicht unbedingt als klein einstufen.
Wirkung setzt bereits ein
Die Flutung der Märkte hat zwar noch nicht begonnen, aber die Wirkung dieser Maßnahmen tritt jetzt schon ein. Am Tag 0 (Ankündigung) setzte sofort der Ankündigungseffekt ein. Die Peripherie entpuppte sich als der große Gewinner. Die Renditen der Staatsanleihen der Krisenländer blieben im Rückwärtsgang. Bei den Zehnjahrespapieren der Spanier und Italiener wurden rekordtiefe Stände gemessen. Sie rentieren derzeit auf Niveaus, die noch vor wenigen Monaten bei den zehnjährigen Bundesanleihen Realität waren.
Besonders kräftig bergab ging es auch mit den Renditen in Portugal, hier waren ebenfalls historische Tiefs zu sehen. Diese Tendenz setzte sich am Tag 1 fort. Besonders stark waren hier beispielsweise die Spread-Einengungen im Vergleich zur Benchmark, d.h. den Bundesanleihen, und zwar wiederum bei Portugal. Im zehnjährigen Bereich ging der Spread von 203 Basispunkten (BP) am Donnerstagabend zeitweise auf 187 BP am Freitag zurück. Da die EZB aber nicht nur die Schuldpapiere der Peripherieländer kaufen wird, sondern darüber hinaus wohl auch Anleihen aus Deutschland, Österreich etc., setzten auch die sicheren Titel ihre Kursaufwärtsbewegung und damit den Renditeabstieg fort. Der Bund-Future war am Freitag noch gerade einmal rund einen Preispunkt von der Marke von 160% entfernt, bei der die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf null zurückgeht. An volatilen Tagen ist das gerade einmal eine Tagesbewegung.
Ein Déjà-vu aus 2014
Für die Bondanleger wird es in den kommenden Wochen und Monaten zu einem Déjà-vu kommen, ein Déjà-vu, das sie aus dem Vorjahr kennen, als die Bundesanleihen eine gigantische Rally hinlegten und mit Langläufern doch bequem ordentliche zweistellige Erträge eingefahren werden konnten. Die zehnjährige Bundrendite sauste fast kontinuierlich von 1,97% am Jahresanfang auf knapp 0,54% bis zum Ultimo nach unten. Ähnlich spektakulär sah es in anderen Laufzeitenbereichen aus, quasi überall waren die Anleiherenditen bzw. Marktzinsen in der Eurozone im Rückwärtsgang. Nun liegt so mancher Peripherietitel auf den Niveaus, die 2014 bei den sicheren Papieren beobachtet wurden.
Die EZB tritt demnächst als Käufer auf, und so manche Bank, Versicherung oder Asset Manager bei Fonds werden sich entsprechend positionieren, wissen sie doch, dass die EZB kaufen wird und nochmals kaufen wird. Damit wird es aller Voraussicht nach abermals eine sehr solide Performance in so manchem Bondsegment geben. Und so wird es beim QE der EZB mit Blick auf die Renditeentwicklung der betreffenden Staatsanleihen dann ein weiteres Mal heißen: Alles auf null - nun gut, vielleicht nicht ganz, aber fast.
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