20.06.2014 20:57:59
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Börsen-Zeitung: Noch länger niedrig, Marktkommentar von Kai Johannsen
Da sind zuallererst die Wachstumsprojektionen zu nennen. Die Fed rechnet ausgehend von dem schwachen ersten Quartal nun noch für dieses Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,1% bis 2,3%. Zuvor waren die Währungshüter noch von einem Plus von 2,8 bis 3,0% ausgegangen. Das entspricht also mal einer Kürzung der Prognose um fast einen Prozentpunkt - das ist nicht gerade wenig. Da das Jahresende noch nicht unmittelbar bevorsteht, besteht noch Spielraum für Anpassungen nach unten, wenn die Konjunktur sich noch schlechter als gedacht entwickelt.
Aufhorchen lassen aber nicht nur die Wachstumsprojektionen, sondern auch die Erwartungen innerhalb der Zentralbank für die Leitzinsanhebungen - zumindest mal die ersten. Bislang hatte sich der Markt entsprechend der Fed-Kommunikation darauf eingestellt, dass ab 2015 an der Zinsschraube gedreht wird. Nun halten noch zwölf Zentralbanker 2015 für einen geeigneten Zeitpunkt, um die Zinsen anzuheben. Vor drei Monaten war es noch einer mehr. Es ist zwar nur einer, der jetzt den Rückzieher macht, aber immerhin: Es ist ein klares Zeichen. Drei Notenbanker wollen damit bis zum Jahr 2016 warten. Sollte die Konjunktur schlechter laufen, die Prognosen für das BIP-Wachstum im Verlauf des Jahres noch weiter nach unten angepasst werden, dann wird sehr schnell auch das Jahr 2017 Eingang in die Diskussion über die ersten Zinsanhebungen in den USA finden.
Yellen hofft nun
Und auch mit dem Ausstieg aus den unkonventionellen Maßnahmen ist wohl nicht mehr alles so klar, wie es zunächst für manchen den Anschein hatte. Fed-Chefin Janet Yellen hofft nun, dass sie im Laufe des Jahres überarbeitete Ausstiegsprinzipien vorlegen kann. Die monatlichen Bondkäufe wurden erwartungsgemäß gekürzt, und zwar um 10 auf nunmehr 35 Mrd. Dollar. Aber mit dem Tapering hat der Markt seit geraumer Zeit schon kein Problem mehr, d.h., eine Kürzung der Bondkäufe sorgt nicht mehr für steigende Renditen. Denn viele Akteure gehen davon aus, dass die Konjunktur nicht so rosig sein wird, so dass die Fed ihre Zinsanhebung weiter in die Zukunft verschiebt.
Die deutlich vorsichtigeren Projektionen der Fed hinsichtlich des Wachstums hinterließen hierzulande am Markt klare Spuren. Der Bund-Future mit September-Fälligkeit sprang auf Kontrakthoch. Damit lag er noch einen knappen Punkt unter seinem Rekordhoch. Der Markt der Bundesanleihen wird aufgrund der nun bestehenden Aussicht auf eine noch länger anhaltende Phase ultraniedriger Zinsen in den USA nicht mehr so stark im Schlepptau des US-Rentenmarktes gezogen werden können, d.h., der Einfluss eventuell anziehender US-Zinsen auf den Bund-Markt nimmt nochmals ab. In der Eurozone wirkt zudem die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank, die bekanntermaßen nicht gerade auf Leitzinserhöhungen ausgerichtet ist. Damit können sich die Anleger in der Eurozone noch verstärkt darauf einstellen, dass es auch im Eurozonenraum nicht zu höheren Renditen bei den Anleihen kommt.
Doch mit dieser nun nochmals zementierten Aussicht auf ultraniedrige US-Zinsen werden am Markt (seit Monaten) bestehende Trends noch weiter befeuert. Denn die Anleger suchen weiterhin krampfhaft nach Rendite und greifen immer weiter bei Peripherieanleihen zu. Peripheriespreads werden sich damit noch weiter einengen. Der Markt wird damit kaum adäquat Staatsrisiken aus Irland, Portugal, Spanien oder Italien bepreisen. Denn die Länder weisen mitnichten die konjunkturelle Verfassung auf, die im zehnjährigen Bereich Marktzinssätze von weniger als 3% (im Falle von Spanien und Italien) rechtfertigen.
Das nächste Beispiel in diesem Zusammenhang kam in der abgelaufenen Woche aus Zypern. Das Land kehrte mit einer fünfjährigen Anleihe zu 4,85% an den Kapitalmarkt zurück. Das wurde als attraktiv eingestuft. Natürlich ist das attraktiv! Der Bund zahlt in diesem Segment gerade einmal ein Zwölftel. Angesichts des enormen Kapitals, das nach Anlage drängt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Zypern auch bei Sätzen angekommen ist, die vor einigen Jahren der Bund bezahlte.
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