08.03.2018 22:33:42
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Börsen-Zeitung: Willkommen in der Realität, Kommentar zur Europäischen Zentralbank von Mark Schrörs
Draghi bezeichnete die Entscheidung als "rückwärtsgewandt", quasi ohne Signalwirkung. Allein die Tatsache, wie schwer sich die Notenbanker seit dem Sommer damit getan haben, spricht aber eine andere Sprache. Und ja, die Möglichkeit einer Verlängerung ist durch andere Formulierungen weiter gegeben. Trotzdem war und ist der Wegfall dieses "Easing bias", also der Neigung zur Lockerung, zu Recht als eine Vorbedingung für ein späteres QE-Ende angesehen worden. Entscheidend ist jetzt aber, dass der EZB-Rat auch die nächsten Hürden aus dem Weg räumt - allen voran die direkte Verknüpfung zwischen den QE-Nettokäufen und dem Erreichen des 2-%-Inflationsziels. Da wünscht man Draghi & Co. noch mehr Mut.
Positiv ist, dass sich der EZB-Rat auch durch alle an die Wand gemalten Schreckgespenster nicht hat abbringen lassen - heißen sie Protektionismus, Italien oder Marktvolatilität. Vor allem die gestiegene Volatilität ist nach der fast schon unheimlich langen Phase der Ruhe fast ein willkommener Weckruf gewesen, dass Finanzmärkte keine Einbahnstraße sind. Ansonsten bleibt es bislang dabei: Der Wirtschafts- und Inflationsausblick in Euroland rechtfertigt längst keine Geldpolitik mehr, die expansiver ist als auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise. Zumindest solange es keine neuen negativen Schocks gibt, sollte die EZB das QE-Experiment nach September beenden.
Neben der sich verschlechternden Kosten-Nutzen-Bilanz, vor allem mit Blick auf die Finanzstabilitätsrisiken, sollte die EZB auch nicht vergessen, was sie selbst der Fiskalpolitik so gerne predigt: In guten Zeiten gilt es, Puffer für schlechte Zeiten aufzubauen. Das meint keine überstürzte Straffung der Geldpolitik um der Straffung willen. Der Exit wird lange dauern und Geduld erfordern. Es geht aber darum, das aktuelle Zeitfenster der guten wirtschaftlichen Lage nicht leichtfertig ungenutzt zu lassen. Etwas überspitzt formuliert: Die EZB sollte nicht so lange im Krisenmodus verharren, bis die nächste Krise da ist.
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