18.03.2013 17:15:33

Bundesregierung stellt keinen NPD-Verbotsantrag

   Von Stefan Lange

   BERLIN--Zehn Jahre nach dem Scheitern des ersten NPD-Verbotsverfahrens will Schwarz-Gelb eine erneute Niederlage nicht riskieren: Ein eigenes NPD-Verbotsverfahren der Bundesregierung ist vom Tisch, wie das Wall Street Journal am Montag aus Regierungskreisen erfuhr. Das Kabinett werde am Mittwoch einen entsprechenden Beschluss fassen und keinen Antrag stellen, hieß es. Aus Unionskreisen verlautete dazu, diese Entscheidung sei vor allem auf Druck der FDP gefallen. Skeptische Stimmen und Kritik hatte es aber auch in Reihen von CDU und CSU gegeben.

   Bis auf Hessen hatten sich im Dezember im Bundesrat alle Länder für ein Verbotsverfahren ausgesprochen. Seitdem war auf die Entscheidung gewartet worden, ob die Bundesregierung das Verfahren mit einem eigenen Antrag begleitet. Den Kreisen zufolge wird diese Notwendigkeit jedoch nicht gesehen. Die Regierung werde den Vorstoß der Länder aber unterstützen, hieß es. Federführend ist das Bundesinnenministerium.

   Die Entscheidung kommt nicht ganz unerwartet, in den letzten Wochen hatten sich die Anzeichen dafür gemehrt, dass Schwarz-Gelb einem eigenen Antrag skeptisch gegenübersteht. So hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ebenso Zweifel angemeldet wie Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) riet von einem Verfahren ab. Kanzlerin Angela Merkel hatte eine Entscheidung im ersten Quartal 2013 angekündigt und sich alle Optionen offen gehalten.

   Bei der Skepsis spielt auch die Angst vor einem erneuten Scheitern eine Rolle. Im Januar 2001 hatte die damalige Bundesregierung mit Innenminister Otto Schily an der Spitze beim Verfassungsgericht einen Verbotsantrag eingereicht. Zwei Monate später folgten die Anträge von Bundestag und Bundesrat. Im Februar 2002 sollten die Verhandlungen beginnen - das Verfahren platzte aber zunächst, weil sich einer der als Zeuge geladenen NDP-Funktionäre als Spitzel des Verfassungsschutzes erwies.

   Ein weiteres Jahr und zahlreiche neue Enthüllungen über V-Leute später, im März 2003, lehnten drei der sieben zuständigen Richter eine Fortsetzung des Verfahrens ab. Das erste NPD-Verbotsverfahren war damit gescheitert.

   Die SPD reagierte mit scharfer Kritik auf die Haltung der Bundesregierung. "Ich bedaure die Entscheidung der FDP-Minister. Es ist unerträglich, wenn Bundeskanzlerin Merkel die gesamte Verantwortung auf die Länder schiebt", erklärte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Notwendig sei "die Geschlossenheit der Demokraten gegen die NPD", sagte Oppermann.

   Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Lambrecht meinte, Merkel müsse jetzt offenbar die FDP vorschicken, weil sie sich immer noch keine eigene Haltung zum NPD-Verbot zutraue. Die Bundesregierung lasse die Länder mit deren Verbotsantrag im Regen stehen, anstatt endlich selbst Position zu beziehen. "Merkel könnte ein deutliches Zeichen setzen, wenn alle drei Verfassungsorgane - Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung - mit einer Stimme sprechen würden. Diese Chance hat sie nicht genutzt."

   Der CSU-Innenexperte im Bundestag, Hans-Peter Uhl, hingegen unterstützte die Entscheidung, auf einen eigenen Antrag der Bundesregierung für ein NPD-Verbot zu verzichten. "Es ist richtig, dass die Regierung keinen eigenen Verbotsantrag stellt", sagte Uhl der Welt. Der Antrag des Bundesrats gegen die rechtsextremistische Partei reiche vollkommen aus. "Ich gehe allerdings davon aus, dass der Antrag der Länderkammer vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern wird", erklärte Uhl. Die Signale von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle gingen eindeutig in diese Richtung.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@dowjones.com

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   March 18, 2013 11:44 ET (15:44 GMT)

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