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04.12.2016 23:52:41

GESAMT-ROUNDUP: Aus Italien droht EU Rückschlag - kein Rechtsruck in Österreich

ROM/WIEN (dpa-AFX) - Für die nach dem Brexit-Votum ohnehin geschwächte EU hat sich bei einer wichtigen Abstimmung in Italien ein weiterer schwerer Rückschlag abgezeichnet. Italiens europafreundlicher Ministerpräsident Matteo Renzi stand am Sonntagabend vor einem Scheitern bei einer Abstimmung über eine Verfassungsreform. Er hatte vorher für diesen Fall mit einem Rücktritt gedroht. Um Mitternacht wollte der Sozialdemokrat eine Erklärung abgeben.

Zuvor hatte der EU-Unterstützer, der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, die Bundespräsidentenwahl in Österreich klar gewonnen. Laut Hochrechnung setzte er sich mit 53,3 Prozent gegen den FPÖ-Bewerber Norbert Hofer durch. Die national gesinnten Rechtspopulisten erlitten damit eine überraschend deutliche Niederlage.

Renzi und Van der Bellen sind klare Verfechter des europäischen Projekts. Nach dem Brexit-Votum im Juni und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November waren die Abstimmungen im Ausland mit größtem Interesse und Sorge beobachtet worden. Nach einem "Nein" würden in Italien eine Regierungskrise und Finanzmarktturbulenzen in der Eurozone drohen.

Die Mehrheit der Italiener stimmte laut Prognosen klar gegen Renzis Vorhaben, das Regieren leichter zu machen und Blockaden aufzulösen. 54 bis 58 Prozent votierten demnach gegen die Verfassungsänderung, 42 bis 46 Prozent stimmten dafür. Die Wahlbeteiligung lag dem Innenministerium zufolge bei fast 70 Prozent.

Gegner der Reform waren unter anderem die euro-kritische Fünf-Sterne-Protestbewegung, die rechtspopulistische Lega Nord und die Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi.

Die "Boschi-Reform", benannt nach der Reformministerin Maria Elena Boschi im Renzi-Kabinett, sollte das Zwei-Kammer-System vereinfachen. So sollte der Senat von 315 Mitgliedern auf 100 gestutzt und nicht mehr vom Volk gewählt werden. Auch hätte er nicht mehr das Recht gehabt, über alle Gesetze abzustimmen. Renzi hatte argumentiert, dass damit die dauernden Regierungsblockaden in Italien aufgelöst würden.

In Österreich hatte der FPÖ-Politiker Hofer am frühen Abend seine Niederlage auf Facebook eingestanden: "Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst." Zugleich kündigte er eine neue Kandidatur für 2022 an.

Beim vorläufigen Endergebnis der Stimmen, die an den Wahlurnen abgegeben wurden, erreichte Van der Bellen 51,7 Prozent. Hofer erhielt 48,3 Prozent. In diesem Ergebnis sind - im Gegensatz zur Hochrechnung - die Briefwähler noch nicht enthalten. Deren rund 700 000 Stimmen werden erst am Montag ausgezählt. Dann dürfte sich das Ergebnis erfahrungsgemäß der Hochrechnung wieder angleichen. Die Wahlbeteiligung lag mit rund 74 Prozent nochmal etwas höher als im ersten Durchgang der Stichwahl im Mai (72,8 Prozent).

Im Gegensatz zu Hofer ist Van der Bellen ein großer Anhänger der EU und will deren Kompetenzen sogar ausgeweitet sehen. Der Wirtschaftsprofessor hatte bereits die später annullierte Stichwahl am 22. Mai knapp gewonnen. Er soll am 26. Januar 2017 vereidigt werden. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre.

Viele deutsche und europäische Spitzenpolitiker zeigten sich erfreut über die Abstimmung in Östereich. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel twitterte: "Ganz Europa fällt Stein vom Herzen." Auf Van der Bellen komme nun die Aufgabe zu, "die österreichische Gesellschaft nach diesem langen und harten Wahlkampf wieder zusammenzuführen", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) schrieb, Van der Bellens Sieg sei "eine schwere Niederlage für Nationalismus, Rückwärtsgewandtheit und antieuropäischen Populismus." Der französische Präsident François Hollande betonte: "Das österreichische Volk hat sich für Europa und Offenheit entschieden."/mrd/saw/reu/lkl/DP/stk

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