30.09.2014 20:12:58

Mittelbayerische Zeitung: Kronprinz Nummer 1 in Seehofers Kosmos / Finanzminister Söder überzeugt mit Leistung statt Sympathiewerten - und hofft, dass diese Rechnung aufgeht. Leitartikel von Christine

Regensburg (ots) - Auf die Frage, ob die CSU zwar als Regierungspartei respektiert, gleichwohl von vielen nicht wirklich gemocht wird, erzählte Söder im Wahlkampf 2013 die Geschichte von den zwei Zahnärzten: Der eine fachlich top, aber menschlich bisweilen gewöhnungsbedürftig bis grob. Der andere lieb, ein Kumpeltyp, aber sonst so lala. "Zu wem würden Sie gehen, wenn Sie ein Problem haben?", lautete seine Pointe - und man ahnte, dass er sich die erhoffte Antwort auch einmal für seine Person wünscht, sobald in der CSU die Kronprinzenregelung ansteht. Denn geht es allein nach Leistung und nicht nach Sympathiewerten, ist Söder als Seehofer-Nachfolger die unangefochtene Nummer 1. Das gilt nicht erst seit dem unfreiwilligen politischen Abgang von Staatskanzleichefin Christine Haderthauer. Auch Energieministerin Ilse Aigner ist abgehängt. An Söders Sonderstellung kratzt nicht, dass Regierungschef Horst Seehofer kürzlich bei der CSU-Klausur in Kloster Banz ein gefühltes halbes Dutzend neuer Kronprinzen in seinem Kosmos verortete
darunter solche wie den Niederbayern Manfred Weber, der sich verdutzt die Augen gerieben haben dürfte. Weber ist in Brüssel eine feste Größe. Er hat niemals große Sehnsucht nach München erkennen lassen. Vielleicht macht ihn gerade das für Seehofer recht angenehm. Söder ist anders. Ihn könnte man wohl nur in Ketten aus Bayern wegschleifen. Söder will in der Zeit nach Seehofer Regierungschef des Freistaats werden. Er will an der Spitze der CSU stehen. Das verströmt er bei jedem öffentlichen Auftritt aus allen Poren, darauf arbeitet er generalstabsmäßig hin - ist aber ganz froh, dass die Nachfolge noch nicht sofort entschieden wird. So bleibt ihm mehr Zeit, seine Leistungsbilanz zu vergrößern, die im ersten Jahr im Kabinett Seehofer II allerdings schon sehr beachtlich ist. In der Debatte um den Doppelhaushalt 2015/2016 fand jedenfalls gestern im Grunde auch die Opposition keine großen Angriffsflächen - abgesehen von der Kritik, dass in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen mehr gespart werden sollte, gepaart mit diversen Wünschen, wo es dann doch etwas mehr sein dürfte. Beim Dauerminenfeld BayernLB hat der Finanzminister mit dem Verkauf der ungarischen Tochter MKB ein wichtiges Problemfeld mit überschaubaren Verlusten abgeräumt, auch wenn weitere große Unwägbarkeiten um die frühere österreichische Tochter Hypo Group Alpe Adria bleiben. Söders Meisterstück aber ist das 1,5 Milliarden schwere Breitbandförderprogramm, das er mit seinem Staatssekretär Albert Füracker gegen Widerstände aus der EU durchgefochten hat. Es wird die wirtschaftliche Entwicklung kräftig befördern. Söder weiß allerdings, dass es nicht genügen wird, Seehofers Klassenprimus zu sein. Die CSU wird 2018 nur dann mit ihm als Spitzenkandidaten in die Landtagswahl ziehen, wenn er das Zeug dazu hat, genügend Wähler zu begeistern, um die Machtposition der Partei in Bayern zu verteidigen. Söder poliert deshalb weiter kräftig an seinem Image, dem aus seiner Zeit als CSU-Generalsekretär noch immer das Grobe und Halbseidene anhaftet. Da holzte er kräftig und war dem damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber so treu ergeben, dass Kabarettist Django Asül 2007 am Nockherberg den Vergleich von Sekret und Sekretär zog. 2014 ist für Söder maximale Seriosität die neue Währung. An Medienberichten über die CSU-Klausur in Banz störte ihn deshalb am meisten, dass er nach Meinung von CSU-Kollegen im Vergleich zu Rivalin Aigner mehr Show als Inhalte geboten habe. Wann die CSU die Nachfolgefrage regelt, ist offen. Seehofer will sich gerne bis 2017 Zeit lassen. Söder wird sich jedenfalls am Tag X nicht vorwerfen müssen, dass er nicht alles getan hat, um in bestmöglicher Startposition zu sein. Doch wer weiß, vielleicht taucht bis dahin einer auf, der ihn entzaubert. Einer, der beides perfekt vereint: das Talent, Probleme des Freistaats zu lösen und Wählerherzen zu gewinnen.

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