18.09.2018 23:17:46
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Mittelbayerische Zeitung: Seltsame Gesichtswahrung / Maaßen wird überraschend zum Innen-Staatssekretär befördert. Damit hat sich Seehofer durchgesetzt. Aber auch Merkel und Nahles haben etwas erreicht
Regensburg (ots) - Zu einem riesigen Heißluftballon hatten Horst
Seehofer, Andrea Nahles und Angela Merkel den Fall des
Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen in den vergangenen
zwei Wochen aufgeblasen. Es hagelte Forderungen nach Maaßens Rauswurf
aus dem Amt, vor allem von SPD-Chefin Nahles. Die hatte sich verdammt
weit aus dem Fenster gelehnt. Das Kanzleramt ließ durchsickern, dass
der Spitzenbeamte nicht länger tragbar sei. Nur Horst Seehofer hielt
in Treue fest zum obersten Schlapphut des Inlandsgeheimdienstes. Doch
wer meinte, der gestrige Krisengipfel der drei Großkopfeten der GroKo
werde mit einem gewaltigen Donnerwetter enden, etwa dem Rauswurf von
Maaßen und Seehofers Entlassung aus dem Ministeramt durch die
Kanzlerin gleich mit, der wurde von einer Volte überrascht, die kaum
einer vorhergesehen hatte. Das Koalitions-Trio verständigte sich auf
eine seltsame Form der Gesichtswahrung: Maaßen verliert den
Spitzenjob beim Verfassungsschutz, wird allerdings im Gegenzug zum
Innenstaatssekretär im Hause Seehofer wegbefördert. Gestern wurde mit
einem leisen Psst Luft aus dem Polit-Ballon gelassen. Auf solch einen
Coup muss man erst mal kommen. Auf den ersten Blick betrachtet, hat
sich Horst Seehofer durchgesetzt, der weiterhin seine schützende Hand
über den beamteten Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik halten
kann. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass auch der
knorrige Bundesinnenminister den hoch umstrittenen Maaßen nicht im
angestammten Amt halten konnte. Seehofer ist, schaut man nüchtern auf
das gestrige Berliner Ergebnis, Merkel in einem Punkt unterlegen. Der
stufenweise Abstieg des einstigen starken bayerischen Löwen setzt
sich nach seinem Abschied als Ministerpräsident aus München und dem
Gewichtsverlust auf dem letzten CSU-Parteitag fort. Allerdings ist
Seehofer - und mit ihm die CSU-Landesgruppe in Berlin - noch so
mächtig, dass Merkel ihn jetzt nicht einfach aus dem Amt jagen kann.
Das würde ohne Zweifel das Ende der jetzigen, äußerst fragilen
Koalition bedeuten - und auch Merkels Langzeitkanzlerschaft abrupt
beenden. Merkel und Seehofer sind wie zwei angeschlagene Boxer, die
sich zwar immer noch attackieren, aber gegenseitig auch stützen. Vor
dem völligen Absturz. SPD-Chefin Angela Nahles wiederum hatte als
erste aus der GroKo-Spitze zum Abschuss Maaßens geblasen und dabei
den Mund zu voll genommen. Sie hatte damit nicht nur Merkel unter
enormen Druck gesetzt, sondern auch eine Haltelinie beschrieben,
hinter die die SPD nicht zurückgehen durfte. Nun darf man gespannt
sein, wie die SPD-Vorsitzende und Pipi-Langstrumpf-Verehrerin diesen
seltsamen Kompromiss erklären wird. Maaßen ist zwar weg aus dem
obersten Verfassungsschutzamt, doch an eine Beförderung auf einen
Staatssekretärsposten, auf dem er noch viel näher an der Politik ist
als vorher, hätte Nahles wohl im Traum nicht gedacht. Nun muss sie
ihren verblüfften Genossen und staunenden Wählern die gestrige Lösung
im Kanzleramt Pipi-Langstrumpf-mäßig schön bunt anmalen, wie sie ihr
gefällt. Freilich kann die gestrige, seltsame und nur vordergründig
gesichtswahrende Lösung des Falles Maaßen nicht darüber
hinwegtäuschen, dass es in dieser GroKo zugeht wie in einem Tollhaus.
Als hätte das Land keine anderen Probleme, als würden nicht Mieten
explodieren, Dieselfahrer verunsichert, als hätte man nicht genug
Probleme mit Migration, Kriminalität und Abschiebung und als würde
Deutschland international nicht dringend als Stabilitätsanker
benötigt, zwang Berlin dem Land eine zweitrangige Politposse auf. Und
dabei erbebte die schwarz-rote Regierung wieder einmal in ihren
Grundfesten. Wann fangen die endlich an, vernünftig zu regieren?
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
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