25.04.2014 20:43:59
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Heiligsprechung zweier Päpste Gegengewicht JULIUS MÜLLER-MEININGEN, ROM
Bielefeld (ots) - Es wird der Tag der vier Päpste sein. An diesem
Sonntag spricht Papst Franziskus zwei seiner Vorgänger, Johannes
XXIII. (1958 bis 1963) und Johannes Paul II. (1978 bis 2005), heilig.
Auch Benedikt XVI. ist zu der historischen Zeremonie auf dem
Petersplatz in Rom eingeladen. Das Ereignis, das Hunderttausende in
Rom und offiziellen Schätzungen zufolge knapp ein Drittel der
gesamten Weltbevölkerung im Fernsehen verfolgen werden, hat große
Anziehungskraft. Manche verehren einen oder mehrere der beteiligten
Päpste. Andere können mit dem katholischen Zauber wenig anfangen,
müssen aber doch die Tragweite des Ereignisses anerkennen. Dass
erstmals zwei Päpste gleichzeitig heiliggesprochen werden, dafür ist
allein Franziskus verantwortlich. Seine Entscheidung hat für die
katholische Welt spirituelle Bedeutung. Die beiden Päpste können dann
weltweit offiziell als Heilige verehrt werden. Niemand hat Franziskus
gezwungen, neben dem Polen Karol Wojtyla auch den volkstümlichen
Italiener Angelo Giuseppe Roncalli heiligzusprechen. Entgegen den im
Kirchenrecht vorgeschriebenen Regeln erließ Franziskus Roncalli das
für die Heiligsprechung vorgeschriebene zweite Wunder - eine Praxis,
die auch früher in Einzelfällen zum Tragen kam. Im Fall Wojtylas
hatte Franziskus keine Wahl. Der innerkirchliche Druck, der die
Kanonisation des Polen seit den "Santo subito"-Rufen ("sofort
heilig") bei seinem Begräbnis im April 2005 begleitete, war enorm.
Nicht nur polnische Katholiken, viele einflussreiche und konservative
katholische Organisationen drängten auf die Heiligsprechung Wojtylas,
die nur zwei Jahre nach seiner Seligsprechung und neun Jahre nach
seinem Tod in Rekordtempo abgeschlossen wird. Eine Eile, die vor
allem Benedikt XVI. zu verantworten hat. Man liegt nicht falsch, in
der Kanonisation Roncallis ein Gegengewicht zur Heiligsprechung
Wojtylas zu erkennen. Für reformorientierte Katholiken ist Johannes
XXIII. ein Vorbild, für die Konservativen ein Stein des Anstoßes.
Genau andersherum verhält es sich mit Johannes Paul II. Wojtylas
Charisma und Spiritualität sind unbestritten, ebenso sein weltweiter
Einsatz für Frieden und seine Bedeutung beim Zusammenbruch des
Warschauer Pakts. Kritiker werfen ihm vor, die Kirche in autoritärer
Manier gesteuert zu haben und sich auf Verbote wie das der
Empfängnisverhütung oder Abtreibung versteift zu haben. Kritisiert
wird auch, er habe Täter, aber nicht Opfer sexuellen Missbrauchs in
der Kirche geschützt. Wenn Franziskus dem heiligen Wojtyla den
heiligen Roncalli zur Seite stellt, ist das auch eine politische
Botschaft. Sie bedeutet: Roncallis Weg der Öffnung und Kollegialität
ist für die Kirche ebenso wichtig wie der charismatische
Konservativismus Wojtylas. Roncalli berief das Zweite Vatikanische
Konzil (1962 bis 1965) ein, das sich das aggiornamento (Erneuerung)
und die bis heute nicht verwirklichte Öffnung der Kirche gegenüber
der Gegenwart zum Ziel setzte. Franziskus fühlt sich wie keiner
seiner Vorgänger diesem Geist verpflichtet. Als Bergoglio bereits im
Konklave 2005, das schließlich Joseph Ratzinger zum Papst wählte,
viele Stimmen bekam, soll er sich Gedanken über einen künftigen Namen
als Papst gemacht haben. Seine Wahl wäre damals, so wird dieser Tage
in Rom kolportiert, auf den Namen Johannes XXIV. gefallen. Und nicht
etwa auf Johannes Paul III.
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