23.01.2015 20:16:47

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Börsen-Zeitung: Alles auf null, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Alles auf null - am Kapitalmarkt der Eurozone

ist am Donnerstag eine neue Zeitrechnung eingeführt worden: die

QE-Zeit der EZB (Quantitative Easing der Europäischen Zentralbank).

Die europäischen Währungshüter werden die Finanzmärkte fluten. Ab

März soll es losgehen. Bis Ende September 2016 fließen dann Monat für

Monat 60 Mrd. Euro in Staatsanleihen, Agency Bonds (halbstaatliche

Emittenten wie Förderinstitutionen) und Schuldpapiere von

supranationalen Adressen wie der EU. Insgesamt kommt man so auf die

Summe von 1,14 Bill. Euro, die dann bis Ende September 2016 für

Anleihekäufe ausgegeben wird - neben den laufenden Kaufprogrammen für

Covered Bonds, wozu auch Pfandbriefe zählen, und Asset Backed

Securities (ABS).

Die Zahl lohnt es sich einmal herunterzubrechen. Bei 60 Mrd. Euro

pro Monat werden die Händler in den nationalen Notenbanken dann

zusammengenommen jeden Handelstag im Schnitt 3 Mrd. Euro ausgeben.

Bei einem zehnstündigen Handelstag also 300 Mill. Euro pro Stunde.

Würde man das Geld in Eigenheimen anlegen, bekäme man schon ein

kleines Umsetzungsproblem, wollte man 300 qualitativ hochwertige

Einfamilienhäuser zum Stückpreis von 1 Mill. Euro erwerben - pro

Stunde versteht sich, und das Tag für Tag 19 Monate lang.

Aber am Anleihemarkt dürfte das zu realisieren sein. Die

Staatsanleihemärkte, die immerhin allein schon auf ein Volumen von

rund 6,5 Bill. Euro kommen (gemessen an den notenbankfähigen

Papieren), sind groß genug. Über Agency-Titel und Covered Bonds

kommen weitere 2,7 Bill. Euro hinzu. Aber auch hier müssen die

nationalen Notenbanken schon ganz kräftig das Gaspedal gedrückt

halten, wenn sie die Summen umsetzen wollen, denn man kann die

Größenordnung nicht unbedingt als klein einstufen.

Wirkung setzt bereits ein

Die Flutung der Märkte hat zwar noch nicht begonnen, aber die

Wirkung dieser Maßnahmen tritt jetzt schon ein. Am Tag 0

(Ankündigung) setzte sofort der Ankündigungseffekt ein. Die

Peripherie entpuppte sich als der große Gewinner. Die Renditen der

Staatsanleihen der Krisenländer blieben im Rückwärtsgang. Bei den

Zehnjahrespapieren der Spanier und Italiener wurden rekordtiefe

Stände gemessen. Sie rentieren derzeit auf Niveaus, die noch vor

wenigen Monaten bei den zehnjährigen Bundesanleihen Realität waren.

Besonders kräftig bergab ging es auch mit den Renditen in

Portugal, hier waren ebenfalls historische Tiefs zu sehen. Diese

Tendenz setzte sich am Tag 1 fort. Besonders stark waren hier

beispielsweise die Spread-Einengungen im Vergleich zur Benchmark,

d.h. den Bundesanleihen, und zwar wiederum bei Portugal. Im

zehnjährigen Bereich ging der Spread von 203 Basispunkten (BP) am

Donnerstagabend zeitweise auf 187 BP am Freitag zurück. Da die EZB

aber nicht nur die Schuldpapiere der Peripherieländer kaufen wird,

sondern darüber hinaus wohl auch Anleihen aus Deutschland, Österreich

etc., setzten auch die sicheren Titel ihre Kursaufwärtsbewegung und

damit den Renditeabstieg fort. Der Bund-Future war am Freitag noch

gerade einmal rund einen Preispunkt von der Marke von 160% entfernt,

bei der die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf null

zurückgeht. An volatilen Tagen ist das gerade einmal eine

Tagesbewegung.

Ein Déjà-vu aus 2014

Für die Bondanleger wird es in den kommenden Wochen und Monaten zu

einem Déjà-vu kommen, ein Déjà-vu, das sie aus dem Vorjahr kennen,

als die Bundesanleihen eine gigantische Rally hinlegten und mit

Langläufern doch bequem ordentliche zweistellige Erträge eingefahren

werden konnten. Die zehnjährige Bundrendite sauste fast

kontinuierlich von 1,97% am Jahresanfang auf knapp 0,54% bis zum

Ultimo nach unten. Ähnlich spektakulär sah es in anderen

Laufzeitenbereichen aus, quasi überall waren die Anleiherenditen bzw.

Marktzinsen in der Eurozone im Rückwärtsgang. Nun liegt so mancher

Peripherietitel auf den Niveaus, die 2014 bei den sicheren Papieren

beobachtet wurden.

Die EZB tritt demnächst als Käufer auf, und so manche Bank,

Versicherung oder Asset Manager bei Fonds werden sich entsprechend

positionieren, wissen sie doch, dass die EZB kaufen wird und nochmals

kaufen wird. Damit wird es aller Voraussicht nach abermals eine sehr

solide Performance in so manchem Bondsegment geben. Und so wird es

beim QE der EZB mit Blick auf die Renditeentwicklung der betreffenden

Staatsanleihen dann ein weiteres Mal heißen: Alles auf null - nun

gut, vielleicht nicht ganz, aber fast.

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