S&P 500
21.03.2014 20:32:48
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Börsen-Zeitung: Der Yellen-Effekt, Marktkommentar von Dieter
Kuckelkorn
Frankfurt (ots) - Janet Yellen, die neue Chefin der amerikanischen
Notenbank Federal Reserve, hat am Mittwochabend gleich bei ihrer
ersten Pressekonferenz nach einer geldpolitischen Sitzung der Fed die
Erfahrung gemacht, dass öffentliche Auftritte dem Durchschreiten
eines Minenfeldes gleichen: Eine wohl etwas unbedachte - weil für
eine Notenbankerin zu konkrete - Äußerung hat deutliche Reaktionen an
den Finanzmärkten ausgelöst. Rund um den Globus gingen die
Aktienmärkte in die Knie, der Dollar zeigte Stärke, Gold verbilligte
sich und die Rendite der für Leitzinsänderungen besonders sensiblen
zweijährigen amerikanischen Staatspapiere machte unmittelbar nach der
Äußerung einen Satz nach oben.
Dabei hat sich die Perzeption der Yellen-Ausführung durch die
Marktteilnehmer auf gerade einmal drei Worte verengt: "ungefähr sechs
Monate". Dies hatte die Fed-Chefin als mögliche Zeitspanne zwischen
dem Ende des derzeit im Rahmen des Taperings schrittweise
herunterzufahrenden Bondkaufprogramms und einer ersten
Leitzinsanhebung durch die Fed in den Raum gestellt. Da erwartet
wird, dass das Bondkaufprogramm Ende 2014 beendet sein wird, liefe
das auf einen ersten Zinsschritt zur Jahresmitte 2015 hinaus. Bislang
wurde am Geldmarkt sowie im Kreis der Banken, die direkt vom
US-Schatzamt Staatsanleihen beziehen, vom Herbst 2015 als Termin für
die erste Anhebung ausgegangen. Die zeitliche Differenz zwischen den
beiden Terminen beträgt lediglich rund drei Monate, womit sich die
Frage der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der teilweise recht
kräftigen Marktreaktionen stellt.
Fraglich ist auch, wie konkret und belastbar die Zeitangabe von
sechs Monaten ist. Was an den Märkten nämlich ausgeblendet wurde,
waren Einschränkungen und Vorbehalte, mit denen Yellen diese
Ankündigung versehen hat. So wies sie unter anderem darauf hin, dass
eine Zinsentscheidung vom jeweiligen Umfeld abhängig sei.
Ein in dieser Hinsicht wichtiger Faktor ist die Entwicklung der
Inflationsrate. Yellen nannte diese ausdrücklich: "Wenn die Inflation
sehr niedrig sein sollte und nachhaltig unter unserer Zielgröße von
2% bleibt, wäre das ein sehr guter Grund, um den Leitzins noch länger
in seiner gegenwärtigen Bandbreite zu halten", sagte sie in der
Pressekonferenz. Die Fed-Ökonomen gehen genau davon aus: Die
Notenbank sagt für Ende 2014 eine Inflationsrate von 1,5 bis 1,6%
voraus und für Ende 2015 von 1,5 bis maximal 2,0%.
Und was die Vorhersage der Notenbankökonomen für den Leitzins Fed
Funds Rate selbst betrifft, so ist diese im Vergleich zur Projektion
von Ende Dezember zwar geringfügig auf jetzt 1,0% oder leicht darüber
angehoben worden. Von einem stark steigenden Leitzins, der auf den
Finanzmärkten deutliche Spuren hinterlassen würde, kann also gemäß
den Erwartungen der Fed nicht die Rede sein.
Was die dennoch kräftigen Marktreaktionen betrifft, so dürften
mehrere Faktoren eine Rolle gespielt haben. So war wohl der
Hochfrequenzhandel, der mittlerweile auch mit computergerecht
aufbereiteten Nachrichten versorgt wird, zumindest in den ersten
kräftigen Reaktionen - der Dow Jones verlor bis zu 200 Punkte - ein
wichtiger Einflussfaktor. Dabei werden Nachrichten dann naturgemäß
auf ihren maschinenlesbaren Kern verkürzt.
Zudem könnten die Yellen-Äußerung schlichtweg für andere Zwecke
ausgenutzt worden sein. Das vermuten jedenfalls die Analysten der
Unicredit für den Devisenmarkt. So hätten Akteure die Gelegenheit
genutzt, um Short-Positionen auf den Dollar abzuwickeln, die sie
loswerden wollten, weil der Dollar bereits deutlich überverkauft war.
Und was den US-Aktienmarkt betrifft, so ist die Nervosität derzeit
vor allem wegen der recht anspruchsvollen Bewertungen bereits sehr
hoch.
Am späten Donnerstag sowie am Freitag setzten sich an den Märkten
bereits wieder Erholungstendenzen durch. Sowohl die US-Indizes wie
Dow Jones und S&P 500 sowie der Dax haben in der gerade beendeten
Handelswoche einen Anstieg verzeichnet. Wie es scheint, ist der
Yellen-Effekt an den Märkten nur ein Strohfeuer gewesen.
Zurückbleiben wird somit wohl vor allem bei Janet Yellen die
Erkenntnis, mit ihren Worten künftig noch etwas vorsichtiger umgehen
zu müssen.
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