19.06.2015 20:39:39

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Börsen-Zeitung: Die Fed wartet auf Godot, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Die US-Notenbank Fed ist on hold. So lassen sich

die Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen auf der Pressekonferenz

nach der Sitzung des Offenmarktausschusses am vorigen Mittwoch

interpretieren. Die US-Währungshüter beließen den Leitzins nahe null

Prozent. Zuletzt hatte auch wirklich keiner mehr damit gerechnet,

dass es im Juni noch zu dem sogenannten "Lift-off", d.h. der ersten

Zinsanhebung in den USA seit der Finanzkrise, kommt. Viele hatten

sich aber schon auf September eingestellt. Die Fed hat sich wie

erwartet alle Optionen offengehalten. Somit könnte es auch im

September immer noch so weit sein, aber Yellen hat sich auch die

Option des weiteren Abwartens über September hinaus offengehalten.

Denn einen Zeitpunkt hat die Fed-Chefin in ihren Äußerungen nicht

konkretisiert. Vielmehr hat Yellen den Zeitpunkt der lange erwarteten

Zinswende noch heruntergespielt. Es sei weitaus weniger wichtig, wann

die Leitzinsen erstmals seit der Finanzkrise nun wieder steigen

würden. Entscheidender sei, in welcher Geschwindigkeit die Zinsen

nach der ersten Anhebung weiter erhöht würden.

Yellen wiederholte die Sachverhalte, die sie und andere

Repräsentanten der Fed nun schon wieder und wieder dargelegt haben.

Es gebe für die späteren Zinserhöhungen keinen vorgefertigten

Fahrplan. Die Zinsanhebungen seien nach wie vor datenabhängig.

Außerdem hat die Fed ihre Projektionen für Wachstum und

Zinsentwicklung abermals nach unten korrigiert. Das alles zusammen

wurde an den Märkten vielfach dahingehend interpretiert, dass die Fed

es nicht so eilig hat mit der Zinsanhebung, dass sie weiterhin sehr

behutsam vorgehen wird. Kurzum: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed

weiter wartet, ist nach wie vor sehr hoch. Es gleicht dem berühmten

"Warten auf Godot".

Im Rahmen ihres Mandats verfolgt sie konkret die Entwicklung auf

dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung an der Inflationsfront. Wieder

und wieder hat die Fed eine Zinsanhebung davon abhängig gemacht, dass

ausreichend Inflation vorhanden ist, es also keine Disinflation und

Deflationsgefahren gibt, die die Konjunktur ins Wanken bringen

könnten. Auch der Arbeitsmarkt wurde immer ganz konkret verfolgt. Er

müsste in einer hinreichend robusten Verfassung sein, damit die

geldpolitischen Zügel gestrafft werden können. Auch das hatte die Fed

immer wieder herausgestellt. Implizit verfolgt die Fed aber auch die

Konjunktur. Es ist klar, dass die Fed kaum zu Zinserhöhungen greifen

wird, wenn dies das Wachstum abwürgen würde. Diesbezüglich hat sich

in der Vergangenheit und nun eben auch in diesem Monat

herausgestellt, dass die Fed in ihrer konjunkturellen Einschätzung

stets zu optimistisch gewesen ist.

Thematisiert wurde in diesem Zusammenhang aber auch im vergangenen

Jahr der Wechselkurs. Auch den hat die Fed im Blick, denn der Dollar

hat gegenüber der Gemeinschaftswährung deutlich aufgewertet, was den

exportorientierten US-Industrien auf den Weltmärkten deutlich zu

schaffen machen könnte. Diese Aufwertung wirkt schon wie eine

Zinsanhebung.

Behutsam vorgehen will die Fed auch noch mit Blick auf zwei

weitere Aspekte. Man könnte auch sagen, sie wartet ab, bis auch hier

alles reif ist für eine Zinsanhebung. Zum einen ist der Fed nicht

daran gelegen, dass es auf den Finanzmärkten zu nachhaltigen

Verwerfungen kommt. Die Marktteilnehmer sollen ausreichend auf diesen

Schritt vorbereitet sein. Fragt sich nur, wer mittlerweile nicht mehr

darauf vorbereitet ist. Zum anderen will die Fed auch internationale

Aspekte im Blick behalten wie etwa die Griechenlandkrise oder das

Risiko, dass eine Zinsanhebung über Kapitalabflüsse zu Problemen in

den Emerging Markets führt. Nun bleibt nur noch abzuwarten, ob die

Fed auch noch so lange wartet, bis der Internationale Währungsfonds

dann auch noch grünes Licht gibt für eine Zinsanhebung, hatte dessen

Chefin Christine Lagarde die US-Notenbank doch dazu aufgerufen, mit

dem Schritt noch bis zum ersten Halbjahr 2016 zu warten.

Dieses Abwarten, bis alle Ampeln auf Grün stehen, gleicht schon

der Quadratur des Kreises. Irgendetwas wird immer gegen eine

Zinsanhebung sprechen. Es könnte sogar sein, dass die Fed zu lange

wartet und an den Märkten die Bondrenditen schon wieder sinken, wenn

die Fed die Zinsen erhöht. Der frühere Fed-Chef Alan Greenspan

bezeichnete genau diesen Umstand steigender Leitzinsen und fallender

Bondrenditen 2006 als Rätsel. Des Rätsels Lösung war, dass es kein

Rätsel gab. Der Markt preiste den konjunkturellen Abschwung ein.

Yellen sollte nicht so lange warten, bis der Markt erneut andere

Szenarien einpreist.

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