26.05.2015 20:50:41

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Börsen-Zeitung: Im Reformrausch, Kommentar zu China von Norbert

Hellmann

Frankfurt (ots) - Mit der alten Börsianerweisheit "Sell in May and

go away" scheinen es Chinas spekulationsfreudige Aktienanleger nicht

so genau zu nehmen. Trotz allfälliger Anzeichen einer Überhitzung an

Chinas Festlandbörsen kann die im weltweiten Vergleich mit Abstand

kräftigste Hausse weitergehen. Die exorbitanten Kursgewinne der

vorigen Monate locken immer neue Scharen von Kleinanlegern, die im

Kollektiv so reichlich Liquidität einbringen, dass der Rally nicht

die Puste ausgeht.

Ende April hatte der Hauptindex Shanghai Composite bei gut 4500

Punkten ein Siebenjahreshoch erreicht, das nur schwer zu toppen

schien. Man musste befürchten, dass immer neue Enttäuschungen an der

Konjunkturdatenfront von der Hoffnung auf weitere Leitzinssenkungen

nicht mehr aufgewogen werden können. Binnen weniger Tage ist der

Shanghai Composite auf über 4900 Punkte hochgeschossen und nimmt

raschen Anlauf auf die 5000er Marke. Binnen Jahresfrist kommt man auf

eine wahnwitzige Performance von 120% für einen wohlgemerkt

marktbreiten Index.

Chinas Aktionäre haben neue Fantasiemotive gefunden, um den

Dynamikverlust der Wirtschaft wie auch der Unternehmensgewinne weiter

in den Hintergrund rücken zu lassen. Gegenwärtig ist es vor allem die

Reformmusik der Regierung, die Gehör findet. In jüngster Zeit hagelt

es Verlautbarungen des Staatsrates, mit denen schon früher

ventilierte Vorhaben zu Finanzreformen, der Zulassung von

Infrastrukturprojekten mit privater Kapitalbeteiligung, der Senkung

von Importzöllen zur Konsumanregung, der Aufforstung mobiler

Netzwerke oder technologischen Fitnessprogrammen für die Industrie

neu in Erinnerung gerufen werden. Bei den Anlegern kommt dies als

Signal an, dass die Band neu aufspielt und die Fete weitergeht.

Für professionelle Aktienwatcher gilt, dass sie mit an

Fundamentalfaktoren und Kurs-Gewinn-Verhältnissen aufgehängten

Prognosen den Ereignissen hoffnungslos hinterherjagen. Chinas

Börsenhausse ist eine liquiditätsgetriebene Chose. Angesichts eines

noch immer sehr geringen Anteils des Sparvermögens der Privaten, das

den Weg in die Aktienanlage gefunden hat, gibt es auch bei immer

strapazierter wirkenden Bewertungsrelationen quasi unbegrenzten

Munitionsvorrat für eine Fortführung der Rally. Weissagungen zu einem

raschen Platzen der Blase erübrigen sich damit. Vielmehr kann man

davon ausgehen, dass der Mai ein echter Wonnemonat für chinesische

Anleger wird, die noch nicht verkaufen und gehen.

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