29.10.2015 20:32:42

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Börsen-Zeitung: Wohlfühlfaktor Zweitkind, Kommentar zu China von

Norbert Hellmann

Frankfurt (ots) - Der jüngste Besuch von Bundeskanzlerin Angela

Merkel im Reich der Mitte ist von einigen anderen Nachrichten, die

Chinas wirtschafts- und sozialpolitische Geschicke prägen, etwas in

den Schatten gestellt worden. Just am Donnerstag ist nämlich auch das

sogenannte fünfte Plenum der Kommunistischen Partei Chinas zu Ende

gegangen, mit dem entscheidende Weichenstellungen getroffen und der

Entwurf für den kommenden Fünfjahresplan abgesegnet wurden.

Die Parteiführung hat sich zunächst nur zu allgemeinen Sentenzen

über die Sicherung eines angemessenen "mittelhohen"

Wirtschaftswachstums und der Verbesserung der Lebensbedingungen auf

dem Wege zu einer "moderat prosperierenden Gesellschaft" bequemt, die

keine konkrete Stoßrichtung oder Reformziele des neuen Plans oder

Maßnahmen zur Dynamisierung der Wirtschaft erkennen lassen. Vielmehr

hat man sich zunächst einmal auf eine frohe Botschaft mit

sozialpolitischem Wohlfühlfaktor konzentriert und wissen lassen, dass

die unpopuläre Ein-Kind-Politik abgeschafft wird.

Chinas Familienplanung wird damit zwar nicht völlig freigestellt,

sondern nur hin zu einer Zwei-Kind-Politik gelockert, immerhin aber

wird ein Signal gesetzt, dass man vor dem Hintergrund einer lauter

tickenden demografischen Zeitbombe und der Gefahr einer langfristig

überalternden Gesellschaft staatliche Planungswut zurückfährt und

auch sozialpolitische Modernisierungen zulässt.

Die neue Maßnahme wird in einigen konsumverwandten Branchen als

gute Nachricht gefeiert und lässt Aktien von Babynahrungsherstellern

in die Höhe schießen. Sie dürfte insgesamt allerdings wenig direkte

Belebungseffekte für eine Wirtschaft zeitigen, die in den kommenden

fünf Jahren stärker von Konsum und Dienstleistungen gezogen werden

soll, ohne weiter groß an Schwung zu verlieren.

Zwar hat die Parteiführung am Donnerstag nicht offiziell wissen

lassen, welches jährliche Wachstumsziel im neuen Fünfjahresplan

verankert wird, aber Merkels Besuch hat einen entscheidenden

Fingerzeig gebracht: Aus Delegationskreisen verlautete, dass Chinas

Premier Li Keqiang im Gespräch mit der Kanzlerin die Reduzierung des

durchschnittlichen Wachstumsziels von 7% auf 6,5% angedeutet habe.

Das wäre ein gute Nachricht, denn eine moderatere Vorgabe erhöht die

Chancen, dass Peking nicht nur sozialpolitisch, sondern auch

wirtschafts- und finanzpolitisch Bereitschaft zeigt Reformen

durchzusetzen, die Anfangs Wachstumspunkte kosten.

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