Australia All Ordinaries
22.03.2013 17:11:32
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ROUNDUP 3: Machtkampf um Hochtief-Tochter Leighton - Vorwürfe gegen Verdes
SYDNEY/ESSEN (dpa-AFX) - Beim Baukonzern Hochtief (HOCHTIEF) ist ein Machtkampf um die profitable Tochter Leighton entbrannt. Die Australier fürchten, dass der neue Hochtief-Chef Marcelino Fernandez Verdes aus Spanien ihre hart erkämpften Freiheiten kappen wird. Der Vorsitzende des Leighton-Verwaltungsrats Stephen Johns legte am Freitag seine Ämter nieder und griff Verdes, der von der Hochtief-Mutter ACS gekommen war, scharf an. Der habe versucht, ein weiteres unabhängiges Mitglied für das Gremium zu verhindern. Auch ihn selbst habe er zum Rücktritt gedrängt, schreibt Johns in einem Brief, den die Zeitung "The Australian" am Freitag auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Hochtief wies die Vorwürfe zurück und zeigte sich über das Vorgehen verwundert. Allerdings werfen die Essenern einigen Mitgliedern des Verwaltungsrates vor, ihre Rechte als Mehrheitsaktionär einschränken zu wollen.
Aus Briefen zwischen dem Verwaltungsrat und dem Hochtief-Chef, die Johns ebenfalls öffentlich machte, geht hervor, dass seine vier unabhängigen Gremiumskollegen von Verdes verlangten, sich zu dem Vorsitzenden zu bekennen. Sie sprachen sich auch für eine Verlängerung seiner im Mai auslaufenden Amtszeit aus. Außerdem sollte Verdes eine Garantie abgeben, dass eine vor vielen Jahren vereinbarte Unabhängigkeit zwischen beiden Unternehmen auch weiterhin gelte.
BEI HOCHTIEF KOMPLETTER VORSTAND AUSGETAUSCHT
In dem Verwaltungsrat sollen demnach neben dem unabhängigen Vorsitzenden fünf weitere ungebundene Mitglieder sowie vier Vertreter von Hochtief und zwei des Leighton-Managements sitzen. Die Garantie wollte der Konzernchef aber nicht kurzfristig geben. Verdes ist seit November im Amt und war zuvor jahrelang Manager beim spanischen Hochtief-Mehrheitseigner ACS. Er gilt als enger Vertrauter von ACS-Chef Florentino Perez, dem Präsidenten von Real Madrid. Auch bei Hochtief gab es seit der Mehrheitsübernahme durch ACS tiefgreifende Veränderungen: Mittlerweile ist der komplette Vorstand ausgetauscht worden.
Auch Johns sehe sich nun nicht mehr in der Lage, als unabhängiger Chef des Leighton-Verwaltungsrats zu arbeiten, schreibt er. Seine Kollegen Wayne Osborn und Ian Macfarlane nahmen ebenfalls ihren Hut, die beiden übrigen freien Mitglieder bleiben dagegen im Gremium. Sie hätten eine andere Meinung zu den Vorfällen, die man unterschiedlich interpretieren könne, teile Leighton mit. Beide Mitglieder gingen nicht davon aus, dass Hochtief die Unabhängigkeit der Australier in Frage stelle.
RECHTE DES MEHRHEITSAKTIONÄRS EINSCHRÄNKEN?
Das betont auch der Essener Konzern. Hochtief habe "niemals versucht, die Unabhängigkeit von Leighton-Verwaltungsratsmitgliedern infrage zu stellen oder zu untergraben", teilten die Essener mit. Nach Meinung von Hochtief habe man in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich auf der Basis einer informellen Vereinbarung kooperiert, die Leighton große unternehmerische Freiheit einräumte. "Wir waren deshalb sehr verwundert über den Vorstoß einiger unabhängiger Verwaltungsratsmitglieder zur Einführung einer neuen Vereinbarung, die die Rechte des Mehrheitsaktionärs Hochtief erheblich eingeschränkt hätte", teilten die Essener weiter mit. Hochtief unterstütze die erfolgreiche Arbeit des Leighton-Managements und die Strategie des Unternehmens. Nun gehe man davon aus, dass so schnell wie möglich ein unabhängiger Vorsitzender sowie zwei weitere unabhängige Mitglieder in den Verwaltungsrat von Leighton berufen werden.
Die Konzernmutter ACS hatte bei ihrer Bilanzvorlage Anfang März angekündigt, zum Abbau ihres Schuldenbergs mehrere Geschäftsbereiche zu stutzen. Der Konzern selbst stellt keine Mitglieder des Verwaltungsrats und hält auch keine Anteile an Leighton.
AKTIENKURSE GEBEN DEUTLICH NACH
Von den Australiern hieß es offiziell, man gehe davon aus, dass die Unabhängigkeitsvereinbarung mit Hochtief weiterhin Bestand haben werde. Der Konzern hält rund 54 Prozent an Leighton und könnte damit in der Hauptversammlung die Unternehmenspolitik weitgehend bestimmen. ACS wiederum hatte Mitte 2011 die Mehrheit an dem MDAX (MDAX)-Unternehmen übernommen.
Der offene Bruch zwischen Teilen des Leighton-Gremiums und den Eigentümern hat bereits reale Folgen: Die Ratingagentur Standard & Poor's versah die Bonität der Australier mit einem negativen Ausblick. Der Rücktritt sei ein möglicher Hinweis auf ein Ende der Unabhängigkeitsvereinbarung, hieß es. Die Leighton-Aktie sackte in Sydney um fast 7 Prozent ab, Hochtief-Papiere verloren bis zum frühen Abend rund 5,5 Prozent.
ANALYSTENSTIMMEN
DZ-Bank-Analyst Marc Nettelbeck nannte die Rücktritte eine "unangenehme Überraschung, insbesondere da es für uns keine Indikationen für eine klimatische Verschlechterung zwischen Hochtief und Leighton gab." Er gehe allerdings nicht davon aus, dass sich die Strategie der Essener in Bezug auf Leighton materiell ändern werde. Aus Sicht seines Commerzbank-Kollegen Norbert Kretlow erhöht sich aber das Risiko weiterer interner Spannungen. Einige Erfolge von Leighton seien auf eine Wahrnehmung als eigenständiges australisches Unternehmen zurückzuführen. Eine operative Belastung sei somit nicht auszuschließen.
Leighton gilt als eine Ertragsperle im Hochtief-Konzern und hatte 2012 rund 362 Millionen Euro Gewinn gemacht. Damit trug das Unternehmen maßgeblich zu den 158 Millionen Euro Überschuss von Hochtief bei. Die Konzernmutter ACS hatte im vergangenen Jahr über 1,9 Milliarden Euro Verlust eingefahren und will vor allem ihre Schuldenberg abbauen./mmb/mne/jha/stk/he
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