09.02.2014 13:12:35
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ROUNDUP: Heftige Kritik von allen Seiten an Seehofers Energiepolitik
Merkel machte deutlich, dass sie von Seehofers Plan, einen Planungsstopp beim Ausbau der Stromtrassen wenig hält. Ein Moratorium sei "sicherlich keine Antwort". Es müsse aber eine "zeitnahe Überprüfung" der Planung geben. In Bayern regt sich großer Widerstand gegen die Trassenführung. Am 16. März sind Kommunalwahlen im Freistaat.
Seehofer hatte zuvor via Internetportal "Bild.de" seine Kritiker attackiert: "Wir Bayern brauchen keine Belehrung von irgendjemand." Keiner könne "sich mit uns messen, der selber seine Hausaufgaben bei der Energiewende noch nicht gemacht hat." Seehofer verwies darauf, dass die großen Stromtrassen nach Bayern noch einmal auf ihre Notwendigkeit und auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden sollen. Dabei ging der CSU-Chef seine Kritiker auch direkt an: "Das Geschwätz, das dazu eingesetzt hat von EU-Kommissar (Günther) Oettinger und anderen Ortsunkundigen, wird an dieser bayerischen Forderung nichts ändern." Oettinger hatte einen schnellen Bau der Leitungen angemahnt und Seehofer zum Einlenken aufgerufen.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) kritisierte Seehofer für dessen Energiepolitik scharf: "Ich glaube nicht, dass man als verantwortlicher Politiker sich so verhalten darf", sagte sie dem Radiosender SWR 2. "Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein südliches Bundesland, welches eben keine Meeresküste hat, ganz auf Windstrom verzichten will."
Seehofers ehemaliger bayerischer Koalitionspartner, Ex-Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP), warf dem CSU-Chef Populismus vor. Mit seinem Kurs versündige er sich an der Zukunft des Landes, sagte Zeil dem "Münchner Merkur" (Samstag). Es herrsche ein "aberwitziger Zickzack-Kurs, auf nichts mehr scheint Verlass zu sein". Bayerns Regierung agiere "aktionistisch, planlos und in durchsichtiger Weise wahltaktisch".
Grundlegende Kritik an Seehofers Kurs in der Energiewende äußerte die bayerische Wirtschaft. Notwendig seien sowohl der Ausbau der erneuerbaren Energien als auch neue Stromtrassen, sagte Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern. Er kritisierte insbesondere das von der Staatsregierung angekündigte Moratorium für die Planung neuer Trassen. "Wir sind definitiv nicht zufrieden", sagte Driessen der Nachrichtenagentur dpa - und prophezeite einen "Rückgang der Industrialisierung" in Bayern.
Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Natascha Kohnen, befürchtet ebenfalls erheblichen Schaden für Bayerns
Wirtschaft. "Eine zuverlässige Stromversorgung unserer Unternehmen ist ein wesentlicher Standortfaktor. Wenn die nicht gewährleistet ist, besteht die Gefahr, dass sie abwandern. Horst Seehofer wird zunehmend zum Standortrisiko", sagte sie.
Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner kündigte unterdessen verstärkte Investitionen in Biogas-Anlagen angekündigt. "Es ist mein Ziel, dass bestehende Anlagen so umgerüstet werden, dass sie flexibel Strom liefern", sagte Aigner dem "Focus". Aigner verteidigte Seehofer: Dieser habe nichts gegen Windräder oder Stromleitungen, sondern wolle im Dialog mit den Bürgern Lösungen finden, die auf Mensch und Natur Rücksicht nehmen. Für kommende Woche hat Aigner die Unternehmensspitze des Netzbetreibers Amprion zu einem Gespräch in ihr Ministerium gebeten. Die Firma ist für Planung und Bau der Stromtrasse Süd-Ost verantwortlich.
Derweil wird in der CSU nach Alternativen gesucht. Bundeslandwirtschaftsmini ster Hans-Peter Friedrich regte an, Stromtrassen teilweise in die Erde zu legen. Erdkabel sollten "dort ermöglicht werden, wo Bevölkerung und Landschaftsbild besonders beeinträchtigt werden", sagte Friedrich der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Er räumte jedoch ein, dass dies deutlich teurer wäre.
Aus Sicht von Fachleuten führt nichts an einem zügigen Ausbau der Stromtrassen vorbei. Andernfalls drohe Bayern nach der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke im Jahr 2022 ein massiver Stromengpass, sagte Matthias Luther, Professor für Elektrische Energiesysteme an der Universität Erlangen, der Nachrichtenagentur dpa. "Derzeit wird der bayerische Strombedarf noch zu 50 Prozent von Kernkraftwerken gedeckt. Dieser Anteil fällt bis 2022 schrittweise weg", sagte Luther. Sollte die Politik auf Stromtrassen verzichten, die Windstrom aus Norddeutschland und Braunkohlestrom aus Sachsen-Anhalt nach Süddeutschland leiten, werde Bayern um den Bau eigener Grundlastkraftwerke nicht umhinkommen./ukm/DP/zb
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