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08.02.2016 22:22:37

Schwäbische Zeitung: Marx weiß den Papst hinter sich - Leitartikel zu Kirchen und Flüchtlinge

Ravensburg (ots) - Klar und deutlich wie selten äußern sich die katholischen Bischöfe zur Flüchtlingsfrage: Keine Obergrenze, weder beim Asylrecht noch bei der Barmherzigkeit, fordert der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Die Kirche mischt sich hier wie auch bei der Ablehnung der AfD frühzeitig, schnell und eindeutig ein: Sie hat aus früheren Versäumnissen gelernt.

Wenn Marx gleichzeitig von Vernunft spricht und darauf hinweist, Politik müsse immer das Mögliche im Blick haben, warnt er vor der Überforderung der Gesellschaft. Die Kirche will Asyl nur für wirklich Verfolgte, klare Regelungen gegen den Missbrauch und vor allem Gerechtigkeit, damit Menschen nicht aus ihren Heimatländern fliehen. Nächstenliebe meint nie unbegrenztes Vollkasko für alle. "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst", heißt es. Der zweite, oft vergessene Halbsatz betont: Wer andere liebt und helfen will, darf sich selbst nicht vergessen, muss an sich denken.

Mit diesem Kurs steckt Marx eine Woche vor Beginn der Vollversammlung der Bischofskonferenz, die sich mit Flüchtlingsfragen intensiv beschäftigen wird, den Kurs für die deutsche katholische Kirche klar ab. Er schart zunächst seine Kollegen hinter sich. Dass ein großer Teil auch der Katholiken durchaus mit Obergrenzen sympathisiert und damit den Bischöfen nicht mehr folgen will, nehmen die Oberhirten zur Kenntnis. Sie kennen Konflikte, bei denen sich Basis und Leitungsamt entfernt haben, zur Genüge. Doch gerade in der Flüchtlingsfrage haben die Bischöfe einen mächtigen Verbündeten: den Papst. Franziskus hat selbst auf Lampedusa geweint.

Die klare Positionierung gegen die AfD, die nicht wählbar sei, ist ein weiteres Novum. Wahlempfehlungen gab es letztmalig in den 1970er-Jahren. Dass nun katholische Bischöfe warnen, setzt sie wohltuend von den zögerlichen evangelischen Kollegen ab und spricht dafür, dass sie Lehren aus der Geschichte ziehen: Zu Recht wurde die Amtskirche für ihre Haltung kritisiert, die sich dem Aufstieg der Nazis nicht entschieden widersetzt habe.

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Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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