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10.03.2017 21:01:58

Südwest Presse: Leitartikel zur Asylpolitik

Ulm (ots) - Die grün mitregierten Länder im Bundesrat haben abgelehnt, die drei Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer einzustufen. Doch wer, wie viele Unionspolitiker, diese Entscheidung nun zu einem Rückschlag im Kampf gegen illegale Migration erklärt, der überzieht. Zwar wäre die Einstufung durchaus ein Signal in diese Länder hinein, eine Art Stoppzeichen: Seht, es hat keinen Zweck, nach Deutschland zu kommen! Doch schon 2016 waren es nur noch 8000 Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten, die neu einreisten. Jene vielen dagegen, die schon hier sind, könnten auch mit der neuen Einstufung nicht schneller abgeschoben werden als bisher, weil die Maghreb-Staaten nur wenig Interesse haben, sie zurückzunehmen. Da muss die Bundesregierung noch dicke diplomatische Bretter bohren. Doch zeigt die Debatte um die Maghreb-Staaten punktgenau, woran die Asylpolitik derzeit krankt: Der Streit spielt sich nun, da der Vorwahlkampf beginnt, vorwiegend auf ideologisch zementierten Schauplätzen ab. Nüchterne Erwägungen weichen plakativen Einzelaktionen - gern in Form neuer Gesetze. Dabei gab es in den vergangenen beiden Jahren bereits so viele Änderungen, dass die Behörden mit der Umsetzung kaum hinterherkommen. Da ist das Asylpaket I vom Oktober 2015, dem Anfang 2016 das Asylpaket II folgte, flankiert von neuen Regeln auf EU-Ebene, und vor wenigen Wochen ergänzt durch das sogenannte "Abschiebepaket", das die Ausreise abgelehnter Asylbewerber deutlich beschleunigen soll. Inzwischen erhalten viele Asylbewerber wieder Sachleistungen statt Bargeld, dürfen ihren Wohnort nicht frei wählen, der Familiennachzug wurde drastisch eingeschränkt, und wer eine "ungünstige Bleibeprognose" hat - etwa Flüchtlinge aus Maghreb-Staaten - harrt oft weit länger als sechs Monate in der Erstaufnahme aus. Spätestens seit 2016, das mit den Übergriffen von Köln begann und dem Anschlag in Berlin endete, dreht sich die Diskussion über Asylpolitik vor allem um Abschiebung und Abschreckung. Die Bundesregierung hat ihren Kurswechsel nie lautstark proklamiert, sondern einfach vollzogen. Allerdings ist inzwischen ein Punkt erreicht, an dem weitere Gesetzesverschärfungen nur wenig an Sicherheit und Abschreckung bringen, dafür aber tief in die Menschenrechte eingreifen - wie etwa der immer wieder aufkeimende Vorschlag von Flüchtlingslagern an den deutschen Grenzen oder gleich in Libyen. Wichtig wäre jetzt, die vorhandenen Gesetze in Ländern und Kommunen, in großen und kleinen Behörden umzusetzen. Denn da hakt es gewaltig. Wie bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in die Maghreb-¬Staaten wären auch hier Politiker mit langem Atem nötig, die abseits des Rampenlichts wirken. Im Wahlkampf sind die allerdings die Ausnahme.

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Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218

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