28.07.2015 22:02:38

Weser-Kurier: Leitartikel von Peter Voith über Neonazis

Bremen (ots) - Bad Nenndorf ist bunt statt braun". Die Bürger des Kurortes haben das mit ihrer Kampagne gegen Rechtsradikalismus jahrelang bewiesen. 2006 war es, als Neonazis ihren 10<ET>000-Einwohner-Flecken entdeckten. Denn im Wincklerbad hatten die Briten zwischen 1945 und 1947 ein Verhörzentrum errichtet, in dem Nazis und Wehrmachtssoldaten auch gefoltert wurden. Für die Neonazis ein willkommener Ort, um alljährlich einen Trauermarsch für "die Opfer des alliierten Folterlagers im Wincklerbad" zu veranstalten. Natürlich wollen sie hier wie auch in Dresden - wo sie ja gerne an den "Bombenholocaust" erinnern - gerne die Geschichte umschreiben. Aber vor allem wollen sie eins: öffentliche Aufmerksamkeit. Auch am Sonnabend dürften sie die bekommen. Ein paar Neonazis werden noch da sein, vielleicht 200, begleitet wird der Aufmarsch wieder von Tausenden Polizeibeamten. Und von Gegendemonstranten, die "Nazis raus" rufen. So wird sich die Demo-Folklore auch im zehnten Jahr des Bad Nenndorfer Nazi-Aufmarsches abspielen. Diesmal freilich mit einem
wunderbaren - Unterschied: Je länger die Neonazis marschieren, umso mehr spenden Bad Nenndorfer Bürger zugunsten der Neonazi-Aussteiger-Organisation "Exit". Zu Recht ist die Rede vom "unfreiwilligsten Spendenlauf Deutschlands". Rechtsradikalismus - in Bad Nenndorf wird er jährlich sichtbar. Aber er braucht andere Antworten als die immer gleiche Protestfolklore. Der Spendenlauf ist ein guter Anfang. Warum die Neonazis nicht mal mit Spott, Ironie, ja sogar Ignoranz bloßstellen? Zumal der unsichtbare Rechtsradikalismus viel gefährlicher ist. Denn der tummelt sich längst auch in der Mitte der Gesellschaft.

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