05.09.2016 23:12:37
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Angela Merkel
Bielefeld (ots) - Dieses Eingeständnis von Angela Merkel lässt
aufhorchen. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein
Bundeskanzler die Verantwortung für das Ergebnis einer
Landtagswahl übernimmt. Keine Frage: Die CDU-Vorsitzende steht an
einem Wendepunkt ihrer Kanzlerschaft. Ende offen. Nichts ist
es mehr mit dem Merkel-Bonus für die Union, im Gegenteil. Die
Kanzlerin und die ihr allein zugeschriebene Flüchtlingspolitik
scheint mehr und mehr zum Ballast für ihre Partei zu werden. Und
wenig spricht dafür, dass das Ergebnis der CDU in Berlin in 14 Tagen
viel besser ausfallen wird. Oft schon war von der
Kanzlerinnendämmerung die Rede, doch nie war der Begriff so
berechtigt wie gegenwärtig. Insofern war es allerhöchste Zeit für
Angela Merkel, ein Zeichen zu setzen. Das hat sie gestern aus dem
fernen China getan. Ihre Selbstkritik ist schnörkellos: »Ich bin
Parteivorsitzende, ich bin Bundeskanzlerin. Und in den Augen der
Menschen kann man das nicht trennen. Und deshalb bin ich natürlich
auch verantwortlich.« Doch dass sich damit ihre Kritiker
besänftigen lassen, ist nicht zu erwarten. All jene aus dem »Merkel
muss weg«-Lager sehen ihre große Chance gekommen. Das muss man
nicht fair finden, es ist aber verständlich angesichts der schier
endlos langen Zeit, in der Angela Merkel nicht nur als unbesiegbar,
sondern sogar als regelrecht unantastbar galt. Nun ist sie
erstmals in ihrer elfjährigen Kanzlerschaft schwer angeschlagen, und
die Angriffe werden unvermindert weitergehen. Und diese kommen nicht
nur vom politischen Gegner, auch im eigenen Lager rumort es
gewaltig: Zum dauerhaften Groll der CSU gesellt sich mehr und mehr
die Verunsicherung in der CDU. Das gilt erst recht, da die Kanzlerin
gestern auch noch mal klargemacht hat, was sie nicht zu tun
gedenkt: nämlich einknicken. Ihre Flüchtlingspolitik soll mindestens
ein liberales und menschenfreundliches Antlitz behalten, der Kurs
der AfD wird nie der ihre werden. Angela Merkel beweist Haltung
und damit genau das, was Kritiker ihr über Jahre hinweg
abgesprochen haben. Es wäre eine Ironie der Geschichte, wenn ihr
ausgerechnet das zum Verhängnis werden sollte. Die Kanzlerin muss
ihren Worten von gestern nun rasch Taten folgen lassen. Sie wird ihre
Haltung besser, genauer und öfter erklären müssen, um all jene zu
erreichen, die noch zu erreichen sind. Und sie wird genauer
hinschauen und hinhören müssen: Viele Sorgen und Ängste wie auch
manches reale Problem sind im Kanzleramt zu lange unbeachtet
geblieben. Das Blatt zu wenden ist nicht unmöglich, wird aber schwer.
Und die Zeit drängt. Gut möglich, dass es am Ende nicht reicht. Aber
selbst wenn: Wie Angela Merkel diesen Weg jetzt beschreitet, wird
darüber entscheiden, wie einst über ihre Kanzlerschaft gesprochen
wird
OTS: Westfalen-Blatt newsroom: http://www.presseportal.de/nr/66306 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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