18.11.2016 23:32:40
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Sechser-Gipfel in Berlin
Bielefeld (ots) - Europas einzige Hoffnung auf Amerika ist eine
lahme Ente. Das US-Wort für einen scheidenden Präsidenten klingt
unschön, trifft aber den Kern. Nur vordergründig ging es am Freitag
in Berlin um Donald Trump. Tatsächlich aber kann Noch-Präsident
Barack Obama den Europäern mit nichts mehr hilfreich sein. Der
Demokrat im Weißen Haus gibt in gut zehn Wochen mitsamt den 4000
wichtigsten Mitarbeitern alle Zügel aus der Hand. Was also ist
herausgekommen beim kollektiven Wundenlecken und Entrüsten über einen
unberechenbaren Populisten? Vor allem eine Erkenntnis: wie uneins und
schwach Kerneuropa dasteht, wenn der wichtigste Verbündete plötzlich
Frage- statt Ausrufezeichen sendet. Francois Hollande gilt auch als
eine Art »lame duck«, dessen Abwahl sicher ist. Großbritanniens
Brexit-Premier Theresa May ist selbst ein Kind des rüden Egoismus.
Mariano Rajoy regiert ohne echte Mehrheit und Italiens angeschlagener
Matteo Renzi sitzt, wie der Spanier, in der selbst gestellten
Schuldenfalle. Nur Angela Merkel scheint feiner heraus zu sein. Aber
es reicht nicht, »best oft he rest« unter den altgedienten
europäischen Führern zu sein. Wutbürger machen auch in Deutschland
dem lange gewahrten Einvernehmen zu schaffen. Sind die Europäer nach
Schuldenkrise, Flüchtlingszwist und aufgekündigter Solidarität bald
ebenso waidwund wie die USA? Schließlich vermochte Trumps Kampagne
gegen Hillary Clinton die bisherige amerikanische Außenpolitik
politisch sturmreif zu schießen. Die Abschiedsrunde in Berlin brachte
jedenfalls wenig Brauchbares. Das Festhalten an Wirtschaftssanktionen
gegen Russland ist selbstverständlich. Aber das wesentlich von
Frank-Walter Steinmeier ausgehandelte Minsker-Abkommen wird bald gar
keinen Fürsprecher mehr haben. Der große Klima-Erfolg der G7 2015 in
Elmau spielt gar keine Rolle mehr. Gleiches gilt für den Iran-Deal.
Dennoch wurde Angela Merkel gestärkt. Durch Obamas symbolische
Staffelübergabe an die weiterregierenden Deutsche und die neue
Erkenntnis in Europa: je mieser Trump agiert, um so mehr hört Europa
wieder auf Merkel. Was bleibt, ist Wehmut. Die EU verliert einen
Freund, Deutschland ganz besonders. Obamas Versprechen, demnächst
einmal privat vorbei zu schauen, ist nett - aber auch ein wenig
niedlich. Und jetzt zieht einer ins Weiße Haus ein, von dem nicht
einmal der Vorgänger weiß, was er wirklich will. Das irritiert und
stärkt das Schwelgen in Nostalgie. Das Ende einer wunderbaren
Freundschaft schmerzt nicht nur die Etablierten in Berlin. Die
meisten Deutschen werden ihn vermissen. Bye bye, Obama
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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