08.02.2015 21:32:58
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Ukraine-Krise
Bielefeld (ots) - Auf die deutsche Bundeskanzlerin wartet heute
ein schwerer Besuch im Weiße Haus. Angela Merkel lehnt
Waffenlieferungen an die Ukraine ab und setzt auf weitere
Verhandlungen. Den Amerikanern geht dafür die Geduld aus. Die
Münchener Sicherheitskonferenz hat die Uneinigkeit des Westens über
das weitere Vorgehen im Ukraine-Konflikt offen zu Tage treten lassen.
Präsident Obama hat bisher größten Wert darauf gelegt, mit Europa an
einem Strang zu ziehen. Deshalb bremste er in den USA Kräfte, die
schon lange für einen robusteren Kurs gegenüber Moskau werben. In den
USA erntete er dafür die Kritik, die Führungsverantwortung delegiert
zu haben. Tatsächlich überließ er es der Bundeskanzlerin, Tempo und
Rhythmus der Krisen-Diplomatie zu bestimmen. Dass die
transatlantischen Partner erkennbar außer Tritt geraten sind,
offenbart das ganze Dilemma einer Arbeitsteilung, die überfordert.
Merkel und die Deutschen fühlen sich sichtbar unwohl, von Obama in
eine internationale Führungsrolle gedrängt zu werden. Die Kanzlerin
muss bei ihrem Besuch in Washington vor allem eines versuchen:
Erwartungsdiät zu betreiben. Merkel weiß, dass sie im Konflikt um den
Osten der Ukraine nicht viel mehr als die Rolle einer Vermittlerin
übernehmen kann. Lösen kann sie das Problem für Obama nicht. Europa
fehlt der sicherheitspolitische Unterbau, eine Gesamtstrategie für
den Umgang mit den Herausforderungen durch die neo-russische
Sammlungspolitik zu entwickeln. Den zuletzt mehr mit sich selbst
beschäftigten Amerikanern fällt ihrerseits nicht viel anderes ein,
als Waffen an die Ukraine zu liefern. Dafür mag es gute Gründe geben.
Doch allein ist das nicht genug, eine Antwort auf einen
Territorial-Konflikt des vergangenen Jahrhunderts zu finden, der in
Europa nach dem Zweiten Weltkrieg eigentlich nicht mehr möglich
schien. Nicht minder phantasielos erweist sich die US-Außenpolitik
bei der Antwort auf einen asymmetrischen Konflikt des 21.
Jahrhunderts. Die Bedrohung, die von den nicht-staatlichen Akteuren
des IS ausgeht, wird sich mit Schlägen aus der Luft allein jedenfalls
nicht aus der Welt schaffen lassen. Bisher stehen die
transatlantischen Partner einigermaßen ratlos vor einer
geopolitischen Doppelkrise, für die es weder in den USA noch in
Europa ein Vorbild gibt. Die Supermacht steht dabei in der Pflicht,
die Führung zu übernehmen, statt sie zu delegieren. Die von Obama
gewünschte und den Europäern in der Vergangenheit so oft verlangte
transatlantische Arbeitsteilung muss realistisch bleiben. Die
Kanzlerin kann das strategische Vakuum nicht füllen, das die
Supermacht hinterlassen hat.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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