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12.09.2016 23:02:43

Westfalen-Blatt: zu Clintons Gesundheit

Bielefeld (ots) - Die »Oktober-Überraschung« dieser Präsidentschaftswahlen kam bereits im September. Der Schwächeanfall Hillary Clintons an Ground Zero wirbelt nun den amerikanischen Wahlkampf gründlich durcheinander. Plötzlich geht es nicht mehr um die unsägliche Bigotterie eines National-Chauvinisten, der Diktatoren bewundert und mit Rassismus auf Stimmenfang geht, sondern um die körperliche Fitness der 68-jährigen Clinton. In den USA gehört es zur politischen Tradition, die Gesundheit der Kandidaten für das Weiße Haus genauestens unter die Lupe zu nehmen. Deshalb veröffentlichen Bewerber in der Regel ihre vollständigen Krankheitsakten. Für Clinton rächt sich nun die Geheimniskrämerei, die sie um ihren Gesundheitszustand betrieben hat. Dabei besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran zu erfahren, ob Clintons Gehirnerschütterung mit Blutgerinnsel von 2012 nachhaltige Folgen hatte. Sachlich aufklären ließen sich auch die beiden früheren Thrombosen, die sie 1998 und 2009 erlitt. Statt den Verschwörungstheorien frühzeitig das Wasser abzugraben, nährte Clintons Team diese mit der fehlenden Transparenz. Die Kandidatin ist wieder einmal selber ihre ärgste Gegnerin. Sie leidet nicht an einer tödlichen Krankheit, sondern an krankhaftem Ehrgeiz, der keine Schwäche zulässt. Dafür spricht die Fahrlässigkeit, mit einer Lungenentzündung zu einer anstrengenden Veranstaltung zu gehen, statt das Bett zu hüten. Das ist Wasser auf die Mühlen von Donald Trump, der ihr scheinheilig »gute Besserung« wünscht. Tatsächlich wird der Rechtspopulist in der heißen Phase des Wahlkampfs alles tun, die Spekulationen über eine bedrohliche Krankheit der Gegenkandidatin anzuheizen. Bei aller Schadenfreude muss Trump aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen. Schon jetzt sieht er sich dem Vorwurf ausgesetzt, eine gehörige Portion Sexismus in den Wahlkampf zu tragen. Frauen, so die kaum versteckte Unterstellung Trumps, seien eben nicht stark genug für den Job im Weißen Haus. Dabei weiß die Öffentlichkeit genauso wenig über Trumps Gesundheit. Der Liebhaber frittierter Hühnerschenkel, fettiger Fritten und anderer Fastfood-Delikatessen hat sich sein Attest von jemanden ausstellen lassen, der so seriös wirkt wie die Doktoren am Hippie-Strand von Venice, die für ein paar Dollar ein Attest für medizinisches Marihuana verschreiben. Da beide Kandidaten im fortgeschrittenen Lebensalter sind, sollten sie ihre Krankenakten vollständig der Öffentlichkeit zugänglich machen und zu dem zurückkehren, worum es wirklich geht: zu einem Wettstreit, wer die beste Qualifikation, das solideste Urteilsvermögen und das passendste Temperament hat, um an der Spitze der Supermacht zu stehen.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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