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20.03.2016 16:52:45

Abdeslam plante bei Paris-Anschlägen offenbar Selbstmordattentat

   PARIS (AFP)--Die französische Staatsanwaltschaft hat nach der Festnahme von Salah Abdeslam in Brüssel Erkenntnisse zu dessen "zentraler Rolle" bei den Pariser Attentaten vom 13. November bekanntgegeben. Abdeslam wollte sich demnach nach eigenen Angaben in die Luft sprengen, machte dann aber einen Rückzieher. Abdeslams Anwalt will am Montag Klage gegen die Staatsanwaltschaft wegen der Preisgabe vertraulicher Informationen einreichen und zudem die Auslieferung seines Mandanten an Frankreich verhindern.

   Der Pariser Staatsanwalt François Molins habe mit Äußerungen während seiner Pressekonferenz "das Ermittlungsgeheimnis verletzt", sagte Abdeslams Verteidiger Sven Mary am Sonntag belgischen Medien. Deshalb werde er klagen. Vor der Erklärung des französischen Staatsanwalts habe niemand Einzelheiten der Ermittlungen mitgeteilt, sagte Mary den Zeitungen "Le Soir" und "De Standaard". Nur über den Gesundheitszustand seines Mandanten und den künftigen Ablauf des Verfahrens sei informiert worden.

Recht kennt Ausnahmen bei Ermittlungsgeheimnissen Die französische Strafprozessordnung sieht für bestimmte Fälle Ausnahmen vom Ermittlungsgeheimnis vor. So heißt es in Artikel 11, der Oberstaatsanwalt könne "objektive Elemente" aus dem Verfahren öffentlich machen - ohne die Stichhaltigkeit der gegen die Beschuldigten erhobenen Vorwürfe zu beurteilen.

   Molins berichtete über die Befragungen Abdeslams durch belgische Ermittler. Der 26-Jährige habe unter anderem ausgesagt, dass er vorgehabt habe, sich beim Länderspiel Deutschland gegen Frankreich im Fußballstadion Stade de France in die Luft zu sprengen. Schließlich habe er es sich aber anders überlegt.

   Zudem mietete Abdeslam demnach zwei Fahrzeuge, eines für die Attentäter am Stade de France und eines für das Kommando im Konzertsaal Bataclan. Zehn Tage nach den Anschlägen mit 130 Toten war im Vorort Montrouge südlich von Paris ein Sprengstoffgürtel gefunden worden. Offenbar hatte Abdeslam ihn dort abgelegt.

Abdeslam als Schleuser aktiv Der in Belgien aufgewachsene Franzose schleuste Molins zufolge außerdem Dschihadisten nach Europa und besorgte Bombenmaterial. Dazu hätten mehrere Aufenthalte in Italien, Griechenland, Ungarn, Österreich, Deutschland, den Niederlanden und in Frankreich im vergangenen Sommer und Herbst gedient.

   Am 9. September sei Abdeslam mit zwei Begleitern an der ungarisch-österreichischen Grenze kontrolliert worden. Einer von ihnen sei wahrscheinlich der Verdächtige, der am Dienstag bei einem Einsatz der belgischen Polizei im Brüsseler Vorort Forest getötet worden sei. Der zweite Begleiter sei weiterhin flüchtig.

Abdeslam hielt sich auch in Deutschland auf Am 3. Oktober war Abdeslam laut Molins in Ulm mit einem Komplizen unterwegs, der am Freitag bei dem Einsatz in Brüssel-Molenbeek ebenfalls gefasst worden sei. Dieser habe sich mit falschen syrischen und belgischen Papieren als Munir Ahmed Alaadsch und Amine Choukri ausgegeben.

   Der Südwestrundfunk berichtete dazu unter Berufung auf polizeiliche Ermittlungen, Abdeslam könnte in Ulm drei Männer, die sich als Syrer ausgegeben hatten, aus einer Flüchtlingsunterkunft abgeholt haben, in deren Nähe er geparkt hatte. Die drei Männer fehlten dort seither.

Abdeslam wehrt sich gegen Auslieferung Der französische Justizminister Jean-Jacques Urvoas erklärte, spätestens in zwei bis drei Monaten werde über Abdeslams Überstellung nach Frankreich entschieden. Wegen des vorliegenden europäischen Haftbefehls müsse die endgültige Entscheidung binnen 60 Tagen nach seiner Festnahme erfolgen. Im Falle eines Widerspruchs verlängere sich diese Frist auf 90 Tage. Abdeslams Anwalt Mary kündigte Widerstand gegen die Auslieferung an. Gegen Abdeslam wurde in Brüssel offiziell ein Ermittlungsverfahren wegen Terrorvergehen eingeleitet. Anschließend wurde er in ein Gefängnis in Brügge gebracht.

   Nun wird noch nach zwei Verdächtigen gefahndet, die an den Anschlägen beteiligt gewesen sein sollen. Die internationale Polizeibehörde Interpol rief alle Mitgliedsländer zu erhöhter Wachsamkeit bei Grenzkontrollen auf. Frankreich entsandte zusätzlich 5.000 Polizisten an seine Grenzen, wie Innenminister Bernard Cazeneuve mitteilte.

   Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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