24.02.2017 22:37:56
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Börsen-Zeitung: Korrektur in Sicht, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn
Zu der Rally hat eine ganze Reihe von Faktoren beigetragen. Nach wie vor ist die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) der wohl wichtigste Antrieb für den Aktienmarkt, was auch erklärt, weshalb sich dieser mittlerweile relativ weit von der realwirtschaftlichen Basis entfernen konnte. Dies wird zwar auf längere Sicht ein Problem darstellen, kurz- und mittelfristig allerdings wohl noch nicht, da die EZB ihren geldpolitischen Kurs noch eine ganze Weile weiterführen wird. In den USA zieht die Federal Reserve zwar bereits die Zügel an - dies allerdings in einem positiveren konjunkturellen Umfeld als in Europa und auch nur mit Augenmaß.
Hinzu kommt, dass der europäische Markt von der Wall Street mitgerissen worden ist. Dort gibt es bereits seit vielen Monaten ein Rekordhoch der Indizes nach dem anderen. Die Anleger zeigen sich mit Blick auf die erhoffte fiskalpolitische Stimulierung durch die neue Administration Trump in guter Stimmung. Sie setzen auch darauf, dass im laufenden und im kommenden Jahr eine kräftige Expansion der Unternehmensgewinne stattfindet, dass also die jüngsten Kursgewinne durchaus ihre fundamentale Basis haben.
Ferner ist auffällig, dass sich die deutschen Nebenwerte längst der Hausse in Übersee angeschlossen hatten, so dass MDAX und SDax neue Rekordstände erreichten. Analysten konnten nur schwache Argumente vorbringen, weshalb die Nebenwerte eine deutlich höhere Performance aufweisen als die Blue Chips. Der Dax hat nun den Rückstand gegenüber den Nebenwerten zumindest verkleinert, und scheint - trotz des Rückschlags vor dem Wochenende - nicht unmöglich, dass der Index in der neuen Handelswoche das Rekordhoch noch ins Visier nimmt. Er dürfte dabei auch weiterhin von dem Anlagenotstand der Investoren und damit von der Alternativlosigkeit der Aktienanlage profitieren.
Dass sich der Dax in den kommenden Monaten auf einem Niveau oberhalb des bisherigen Rekordstands nachhaltig etabliert, erscheint allerdings eher unwahrscheinlich. Die Aktienanleger insbesondere in der Eurozone müssen sich nämlich nachsagen lassen, dass sie die durchaus ernstzunehmenden politischen Risiken weitgehend ignorieren.
Die Eurozone und die Europäische Union stehen nach wie vor, wie sich in den kommenden Monaten erweisen könnte, auf tönernen Füßen. Zwar sind sich die Meinungsforscher weitgehend einig, dass die Rechtspopulistin Marine Le Pen bei den französischen Präsidentschaftswahlen am 23. April und dann in der entscheidenden zweiten Runde am 7. Mai nicht in den Élysée-Palast einziehen wird - die Auguren hatten allerdings auch kaum Zweifel daran, dass sich Hillary Clinton gegen Donald Trump durchsetzt. Nach dem Skandal um die Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau ist der konservative Bewerber François Fillon als Wunschkandidat der Börse angeschlagen. Sein sozialliberaler Widersacher Emmanuel Macron dürfte hingegen trotz seiner wirtschaftsliberalen Agenda nur wenig Begeisterung bei den Anlegern (und den Wählern) wecken - so dass eine Protestwahl für Le Pen durchaus in den Karten ist.
Ein erhebliches Risiko stellen auch die niederländischen Parlamentswahlen dar, die am 15. März - also bereits in Kürze - stattfinden. Ob es den gemäßigten politischen Parteien in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelingt, den Rechtspopulisten Geert Wilders von der Macht fernzuhalten, ist keineswegs gesichert. Unangenehme Überraschungen können auch die kommenden Wahlen in Italien und - mit Blick auf das Abschneiden der AfD - Deutschland bieten.
Zu erwarten ist daher, dass nach der Party am Aktienmarkt in Kürze eine Katerstimmung einsetzen wird, die dann in eine spürbare Korrektur münden dürfte.
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