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25.05.2014 20:08:30

Denkzettel für Merkel und die Union

   Von Stefan Lange

   Zu Bundestagswahlen platzt das Konrad-Adenauer-Haus üblicherweise aus allen Nähten. Bei der Europawahl war das Interesse an der traditionellen Wahlparty vergleichsweise gering. Der Auflauf in der CDU-Zentrale entsprach den Erwartungen an den Wahlausgang in Deutschland: Ein deutlicher Sieg für die Union, SPD auf Platz zwei. Gleichwohl gab es, neben dem leichten Stimmverlust, zwei Denkzettel, über die in den nächsten Tagen bei der Union noch zu sprechen sein wird. Da war erstens das gute Abschneiden der Alternative für Deutschland. Zweitens die desaströs niedrige Wahlbeteiligung.

   Die AfD war mit dem EU-feindlichen Slogan "Mehr für Bürger. Weniger für Brüssel" in den Wahlkampf gegangen. Die Euro-Skeptiker stießen damit auf so viel Wohlwollen bei den Wählern, dass es den ersten Hochrechnungen zufolge für etwa 6,5 Prozent reichte. Das Ergebnis der AfD ist ein Signal, das die Strategen in der CDU-Zentrale unweit der Siegessäule in Berlin alarmieren muss. Es läutet einen Wandel in der Parteienlandschaft ein, der Auswirkungen auf die künftigen Regierungen haben wird.

   Denn das Ergebnis stellt nicht nur die Frage, ob die Bedeutung des Projekts Europäische Union ausreichend dargestellt wurde. Es machte auch deutlich, dass mit der FDP nicht mehr gerechnet werden darf. Etwa drei Prozent sind ein Schlag ins Gesicht der Liberalen, die trotz eines enormen Aufwands ihre Anhänger und Sympathisanten nicht mobilisieren konnten. Mehr noch, es bleibt der Eindruck, die FDP sei bereits abgeschrieben.

   Mit wem wird in Zukunft koaliert?

   Die Union musste einen leichten Rückschlag hinnehmen, in der Hochrechnung kam sie auf rund 36 Prozent, etwa zwei Prozentpunkte weniger als bei der letzten Europawahl. CDU und CSU müssen sich fragen, mit wem sie in Zukunft koalieren wollen. Die SPD, das ist erklärter Wille, soll nur ein Partner auf Zeit sein. Der bisherige Wunschpartner FDP ist offenbar keiner mehr, mit dem gerechnet werden darf. Bleiben die Grünen, die bei der Europawahl etwa elf Prozent auf sich vereinigen konnten - und die AfD, die jetzt offenbar eine ernst zu nehmende Kraft ist.

   Es gab im Konrad-Adenauer-Haus zwar noch Gelächter, als AfD-Chef Bernd Lucke seine Partei in Interviews zur "Volkspartei" erhob. In der Tat ist diese Bezeichnung nicht angemessen. Aber wenn Lucke Ernst macht und sich seine Partei nicht bei den Rechtspopulisten in Brüssel anbiedert, dann wird Kanzlerin und CDU-Chef Angela Merkel der innerparteilichen Debatte über eine Annäherung an die AfD nicht mehr ausweichen können. Die ersten Bewährungsproben gibt es bereits Ende August und Mitte September, wenn in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ein neuer Landtag gewählt wird.

   Besonders muss die schlechte Wahlbeteiligung zu denken geben. Nur etwa 48 Prozent der Wahlberechtigten nahm teil, nicht einmal jeder Zweite hatte ein Interesse daran, das EU-Parlament mitzugestalten und Einfluss auf die Wahl des nächsten Kommissionspräsidenten zu nehmen.

   Die Union wird sich angesichts dieses Desinteresses fragen müssen, ob es tatsächlich reicht, immer und stets nur auf Angela Merkel als Zugpferd zu setzen. Der Wahlkampf war plakatiert mit dem Gesicht der CDU-Vorsitzenden, sie bestritt zahlreiche Wahlkampfauftritte, bei denen CDU-Spitzenkandidat David McAllister blass blieb und keine Akzente setzen konnte.

   Am Sonntagabend war noch Schonfrist im Konrad-Adenauer-Haus. Auch, weil die Ergebnisse für die gesamte EU erst in der Nacht erwartet werden. So konnte CDU-Generalsekretär Peter Tauber noch ungehindert ausrufen: "Wir haben die Europawahl gewonnen." Und so konnte sich McAllister noch darüber freuen, dass dieses Wahlergebnis die "gute Politik" der CDU in Deutschland bestätige. Einen Dämpfer für Merkel wollte er nicht sehen. "Wir haben diese Wahl ganz klar gewonnen. Und damit hat Angela Merkel auch diese Wahl ganz klar gewonnen."

   Der Jubel dürfte jedoch nur von kurzer Dauer sein, der Katzenjammer ist vorprogrammiert: Ab Montag wird sich die Union mit einer Debatte über ihren zukünftigen Kurs herumplagen müssen.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

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