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Appell an Bevölkerung 29.06.2015 17:15:45

Enttäuschter Juncker bittet Griechen um "Ja" bei Referendum

Gleichzeitig appellierte er eindringlich an die griechische Bevölkerung, beim anstehenden Referendum für Europa und für die Vorschläge der Institutionen zu stimmen. "Die griechische Regierung hat am Freitagabend zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt den Verhandlungstisch verlassen", sagte Juncker am Montag in Brüssel. "Wir haben wirklich Berge in Bewegung versetzt, bis zur letzten Minute", bis die griechische Regierung die Verhandlungen verlassen habe. Die von der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds vorgelegten Vorschläge hätten nach seiner Auffassung am Samstag zu einer Einigung führen können. Doch der Schwung der Gespräche "wurde einseitig vom Tisch gefegt" durch die Ankündigung von Alexis Tsipras, am 5. Juli ein Referendum abhalten zu lassen und dabei der Bevölkerung zu empfehlen, das Paket der Gläubiger abzulehnen.

   "Ich bin traurig beim Anblick des Spektakels, das Europa am Samstag geboten hat", sagte Juncker mit Verweis auf die Empfehlung der griechischen Regierung in der Nacht zum Samstag, die Griechen sollten die Vorschläge der Geldgeber ablehnen. "Ich fühle mich verraten", so Juncker, der darauf hinwies, dass Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras ihn nicht vorab über die Ankündigung eines Referendums unterrichtet habe. "Man darf sich nicht umbringen, nur weil man Angst vor dem Tod hat."

   Juncker sagte, er habe zum jetzigen Zeitpunkt keine neuen Vorschläge zu machen. Zwar sei die Tür für weitere Verhandlungen noch nicht zu, doch befinde man sich in der "letzten Millisekunde" möglicher Verhandlungen. Eindringlich appellierte er an die griechische Bevölkerung, sich gegen die Empfehlung der linksgerichteten Syriza-Partei zu wenden und beim Referendum "Ja" zu Europa zu sagen. "Wenn sie so abstimmen, ist das ein klare Aussage, dass Griechenland mit den anderen Ländern der Eurozone zusammenbleiben möchte."

   In ungewöhnlich deutlicher Form warf Juncker der griechischen Regierung dabei vor, die Tatsachen nicht vollständig an das griechische Volk weiterzugeben. Das griechische Volk habe das Recht, die volle Wahrheit zu erfahren, bevor es an die Urnen gehe. "Griechenland hat das Recht, die Frage in einem Referendum zu entscheiden; aber jeder hat auch das Recht auf die volle Wahrheit", sagte Juncker. "Wir sind sehr weit gegangen, um sozial faire Maßnahmen zu finden, die zugleich das wirtschaftliche Überleben des Landes sichern und eine Haushaltskonsolidierung vorantreiben."

   Juncker wehrte sich dabei vor allem gegen Kritik aus Athen, dass die Gläubiger unverrückbar an sozial unausgewogenen Maßnahmen festgehalten haben. "Das hier ist kein stupides Sparpaket, das wir vorgelegt haben", sagte Juncker. Er wies darauf hin, dass das letzte Paket der Gläubiger 12 Milliarden Euro weniger an Einsparungen als ursprünglich gefordert enthalten habe. Die Gläubiger hätten auch keinesfalls eine Senkung der Renten gefordert, sondern nur eine Reform eines Rentensystems, das auch nach Aussagen der griechischen Regierung nicht auf Dauer finanzierbar sei. "Wir haben immer wieder gesagt, die Regierung (in Athen) kann die Maßnahmen auch durch andere ersetzen, solange die Summe unter dem Strich stimmt."

   In den Verhandlungen über eine Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott war es am Samstag zu einem offenen Bruch zwischen Athen und seinen Gläubigern gekommen. Das gegenwärtige Hilfsprogramm für das überschuldete Land läuft am Dienstag aus, nachdem Athen das Angebot der Gläubiger für eine Einigung im Schuldenstreit abgelehnt und ein Referendum mit negativer Abstimmungsempfehlung für den 5. Juli angekündigt hat.

   Die übrigen Euro-Finanzminister hatten am Samstag die Bitte des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis abgelehnt, das Hilfsprogramm wegen des Referendums um einen Monat auszuweiten. Auch Griechenlands Ministerpräsident Tsipras hat die Staats- und Regierungschefs der Eurozone in einem Brief gebeten, das Hilfsprogramm um einen Monat zu verlängern.

   Am Dienstag muss Griechenland rund 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Nach aktueller Lage dürfte das zusammen mit der Notwendigkeit, die Renten und die Gehälter für die Staatsbediensteten zahlen zu müssen, den finanziell klammen Staat überfordern.

     DJG/kgb/bam

   Dow Jones Newswires

   Von Klaus Brune

BRÜSSEL/FRANKFURT (Dow Jones)

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