21.02.2020 20:20:47

EZB-Chefvolkswirt Lane lobt den EZB-Instrumentenkasten

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihren unkonventionellen Maßnahmen nach Aussage von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane beträchtliche makroökonomische Effekte erzielt und sieht keine Anzeichen dafür, dass sich die Wirksamkeit von Negativzins oder Anleihekäufen mit der Zeit verringert. Zugleich deutete Lane bei einer Konferenz in New York laut Redetext aber an, dass die geldpolitischen Maßnahmen inzwischen die Profitabilität der Banken nicht mehr stützen. Den so genannten "Umkehrzins" sah er allerdings noch nicht erreicht. Folgende Punkte machte Lane zu den einzelnen Maßnahmen:

1. Zinsen

Der negative Einlagenzins wirkt via Forward Guidance vor allem über den Erwartungskanal. An sie sind außerdem Nettoanleihekäufe und die Wiederanlage von Erträgen gekoppelt. Die Zinsen sollen so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben, bis die Inflation eine "robuste Annäherung" in Richtung des Zielwerts von knapp 2 Prozent vollzogen hat. Damit meint die EZB, dass die 2 Prozent deutlich vor dem Ende des Prognosezeitraums erreicht werden. Zinssenkungen im negativen Bereich sind laut Lane wirksamer als "normale" Zinssenkungen.

Lane vermied eine Aussage zu den aktuellen Auswirkungen des Negativzinses auf die Bankgewinne. Er sagte: "Von 2014 bis 2018 war der Gesamteffekt der unkonventionellen Maßnahmen für die Profitabilität des Bankensystems positiv." Seiner Aussage nach gibt es zwischen den Regionen substanzielle Unterschiede hinsichtlich des Gewinns (return on equity) bei ähnlichen monetären Rahmenbedingungen.

Das deutet seiner Meinung nach darauf hin, dass andere Faktoren, wie etwa Marktstruktur oder Effizienz wichtigere Einflussgrößen der Profitabilität des Bankensystems sind. "Eine umfassende Analyse sollte sich also nicht auf den mechanischen Effekt der begrenzten Durchreichbarkeit negativer Einlagenzinsen beschränken", sagte Lane. Die EZB sei sich bewusst, dass es einen Zinssatz gebe, ab dem die Geldpolitik kontraproduktiv wirke (Umkehrzins), der sei aber noch nicht erreicht.

2. Nettoanleihekäufe (APP)

Die EZB erhöht ihre Anleihebestände bis kurz vor der ersten Zinserhöhung. Die volle Wiederanlage der Erträge fälliger Papiere wird deutlich darüber hinaus fortgesetzt. Das APP wirkt auf die langfristigen Zinsen, indem es die Laufzeitprämie reduziert, es verringert aus Sicht der Investoren das Durationsrisiko.

Laut Lane hat das APP das Durationsrisiko gemessen am durationsäquivalenten Bestand der öffentlichen Schulden der vier größten Euro-Ländern um 20 Prozent reduziert. Es hat die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen um über 100 Basispunkte verringert. "Die Erfahrung der vergangenen fünf Jahre deutet nicht darauf hin, dass sich der Nutzen der Anleihekäufe mit der Zeit verringert", sagte der EZB-Chefvolkswirt.

3. Langfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO)

Sie wirken direkt, indem sie die Refinanzierungskosten der beteiligten Banken senken, und indirekt, indem sie die Kosten für Banken senken, die Bankanleihen begeben.

4. Kombinierte Wirkung

Lane zufolge haben alle Komponenten zusammen die langfristigen Zinsen 2016 bis 2018 um 140 bis 150 Basispunkte reduziert. Ohne diese Maßnahmen wäre die Inflationsrate jährlich um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte niedriger gewesen, das BIP-Niveau hätte Ende 2019 aggregiert um 2,5 bis 3,0 Prozentpunkt niedriger gelegen und die Beschäftigung um 2,5 Millionen Personen niedriger.

Von Hans Bentzien

FRANKFURT/NEW YORK (Dow Jones)

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