17.05.2020 15:09:41

GESAMT-ROUNDUP: Scholz will gemeinsamen Milliarden-Schutzschirm für Kommunen

BERLIN (dpa-AFX) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will Steuerausfälle der Kommunen in der Corona-Krise und Altschulden in Milliardenhöhe mit einem gemeinsamen Schutzschirm auffangen. Ein Konzeptpapier aus seinem Ministerium sieht dazu ein Hilfspaket von bis zu 57 Milliarden Euro vor, das Bund und Länder jeweils zur Hälfte stemmen sollen. "Ich habe angekündigt, dass ich dazu Vorschläge machen will. Ich glaube, das ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt sie zu diskutieren", sagte Scholz am Samstag in der SPD-Parteizentrale. Die erwarteten Gewerbesteuerausfälle bezifferte er mit 12 Milliarden Euro. Scharfe Kritik kam aus Bayern - auch an der Verknüpfung beider Probleme. Vorbehalte wurden aus Baden-Württemberg und Niedersachsen laut.

In Städten und Regionen mit hohen Schulden leben nach Einschätzung des Deutschen Städtetags zehn Millionen Menschen. Hier ist die Kreditlast laut Kommunalem Finanzreport der Bertelsmann Stiftung besonders hoch: In Nordrhein-Westfalen bei 1343 Euro je Einwohner, in Rheinland-Pfalz bei 1812 Euro und im Saarland sogar bei 2070 Euro. In Bayern und Baden-Württemberg spielen sogenannte Kassenkredite dagegen kaum eine Rolle - in Bayern lagen sie im Schnitt bei 14 Euro, in Baden-Württemberg bei 19 Euro pro Einwohner.

Etwa 2000 Kommunen im gesamten Bundesgebiet seien mit Kassenkrediten so hoch belastet, dass allein die Bedienung der Zinsen eine unlösbare Situation sei, geht aus dem Papier hervor, über das das "Rheinische Post" und "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (WAZ) berichteten und das auch der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Für die Übernahme kommunaler Liquiditätskredite sind in dem Konzept demnach 45 Milliarden Euro vorgesehen. Diese "einmalige Hilfe des Bundes" für die betroffenen Städte und Gemeinden solle noch in diesem Jahr wirksam werden. Die dafür nötige Verfassungsänderung (Art. 109 Abs. 1 GG) solle bis Ende dieses Jahres von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, sprach von einem "rein parteipolitischen Vorstoß", der nicht abgesprochen sei. "Unter dem Deckmantel der Corona-Krise will Scholz sein altes Konzept zur Übernahme der kommunalen Altschulden durchsetzen, das vorher keine Chance auf Umsetzung hatte."

"Wir müssen das Altschuldenproblem lösen, indem der Bund und die Länder, in denen unsere Städte und Gemeinden liegen, diese Gemeinden entlasten", sagte Scholz. "Und wir müssen dafür sorgen, dass die Einnahmeausfälle, die in diesem Jahr entstehen, nicht dazu führen, dass Investitionen zurückgefahren werden, dass Aufgaben nicht bewältigt werden können, die jetzt ja noch dringender sind, als ohnehin schon." Das habe sonst dramatische Folgen. Städte und Gemeinden seien die größten öffentlichen Investoren in Deutschland.

Umgehend kam Ablehnung aus Bayern. "Die Vorschläge von Bundesminister Scholz wird Bayern keinesfalls mitmachen", sagte Finanzminister Albert Füracker (CSU) der dpa in München. "Wenn der Bund den Kommunen helfen möchte, darf er das gern tun - eine Zwangsverpflichtung der Länder nach den Regeln des Bundes ohne Absprache ist aber eine Unverschämtheit." Eine erste Reaktion aus Baden-Württemberg war zurückhaltend. Niedersachsen sah den Plan kritisch. "Eine 50-prozentige Beteiligung der Länder an Programmen des Bundes zur Unterstützung der Kommunen ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll, zumal bisher darüber mit den Ländern nicht gesprochen wurde", sagte der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). "Das wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter."

Zustimmung kam aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie vom Deutschen Städtetag. "Der Vorschlag kommt zur rechten Zeit, bevor die Unsicherheit wächst und bevor die Kommunen ihre Haushaltsplanung für das nächste Jahr anpacken müssen, erklärte der Präsident des Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, am Samstag. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wir setzen auf das gemeinsame Verantwortungsbewusstsein von Bund und Ländern, dass diese Maßnahmen wie angekündigt noch im Sommer gesetzestechnisch umgesetzt werden."

SPD-Fraktionsvize Achim Post warf Bayern am Sonntag fehlenden Gemeinsinn vor. "Es ist schon ein ganz schön abgeschmacktes Spektakel, wenn der bayerische Ministerpräsident (Markus) Söder seit Wochen den großen Krisenmanager auf der Bundesbühne mimt, aber in dem Moment, wo es einmal um Solidarität über bayerische Landesgrenzen hinaus geht, seinen Finanzminister auf Konfrontation schalten lässt", sagte Post und sprach von einer "Null-Solidarität-Politik", die der Schwere der Krise nicht angemessen sei./cn/DP/mis

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