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27.10.2015 22:17:37

Lausitzer Rundschau: Armutszeugnis für Europa Zur sozialen Ausgrenzung der jüngeren Generation in einigen EU-Ländern

Cottbus (ots) - Erinnert sich noch wer? Die Kameras hatten alle Mühe, sämtliche EU-Spitzenvertreter gemeinsam aufs Bild zu bringen. Keiner wollte abseits stehen. Schließlich ging es um ein Mega-Thema: der extrem hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa endlich den Kampf anzusagen und für Besserung zu sorgen. So war das im Sommer vor zwei Jahren bei einem Gipfeltreffen im Berliner Kanzleramt. Und heute? Das Gipfeltreffen ist längst Geschichte. Nur der "Gipfel", den es abzutragen galt, erreicht immer noch schwindelerregende Höhen: In Spanien ist aktuell fast jede zweite Erwerbsperson im Alter zwischen 15 und 25 arbeitslos. In Griechenland ist die Lage genauso dramatisch. Und selbst in Italien liegt die entsprechende Quote bei fast 41 Prozent. Da verwundert es auch nicht, dass die Bertelsmann-Stiftung die jüngere Generation Europas in einer aktuellen Studie zu den großen Verlierern der jüngsten Wirtschafts- und Schuldenkrise zählt. Allein fast jeder dritte unter 18-Jährige ist demnach von Armut bedroht - ein Armutszeugnis für die EU. Kinder und Jugendliche sind die Zukunft eines Landes. So gesehen haben weite Teile des alten Kontinents ein Riesen-Problem. Und selbst Deutschland hat keinen Grund, sich in Selbstzufriedenheit zu sonnen. Zum Glück erreicht zwar die Jugendarbeitslosigkeit nur einen Bruchteil des Ausmaßes in Spanien oder Griechenland. Deutschland ist hier sogar Klassenbester in der EU. Aber in der Gesamtbewertung der Experten, die auch Aspekte wie Bildung oder Generationengerechtigkeit einschließt, ist noch viel Luft nach oben. Auch das kann kaum verwundern. Denn nicht erst seit der Bertelsmann-Studie ist bekannt, dass der Bildungserfolg in keinem entwickelten Industriestaat so stark vom Geldbeutel der Eltern abhängt wie in Deutschland. Nach Angaben des Deutschen Studentenwerks beginnen 77 von 100 Kindern aus Akademiker-Haushalten ein Hochschulstudium. Bei den weniger gebildeten Haushalten sind es nur 23. Und selbst studierte Arbeiterkinder sind deshalb noch lange nicht über den Berg. Zum Beispiel dann, wenn es um ein unbezahltes Praktikum geht. Ohne finanzielle Unterstützung der Eltern läuft da wenig. Aber das muss man sich eben auch leisten können. Chancengleichheit? Sehr schwierig. Dabei könnten die aktuellen Flüchtlingsströme diese soziale Abgrenzung sogar noch weiter zementieren, falls sich das deutsche Bildungssystem nur stiefmütterlich um die Kinder und Jugendlichen aus Syrien oder Afghanistan kümmert. Nicht nur die südeuropäischen Krisenstaaten müssen vom Gipfel auf den Boden der Tatsachen kommen. Auch Deutschland kann für seine junge Generation noch eine Menge mehr tun.

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