01.09.2015 23:42:39
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Mittelbayerische Zeitung: Gutes, Gutgemeintes und halbgare Asylrezepte - Die Flüchtlingsfrage stellt die Politik täglich vor neue Herausforderungen. Wer es kann, schaut gerne weg. Von Christine Schröp
Regensburg (ots) - Es war ein bezeichnender Tag für die bayerische
Asylpolitik, in der sich fortlaufend und nicht selten über Nacht neue
Probleme auftürmen: Während Sozialministerin Emilia Müller am
Dienstag in Manching das erste Abschiebezentrum für Balkanflüchtlinge
eröffnete, in dem die CSU-Regierung Asylbegehren so schnell abwickeln
lassen will, dass Menschen aus dem Kosovo und Montenegro künftig von
vornherein von einer Flucht nach Deutschland abschreckt sind, spitzte
sich die Lage auf dem Münchner Hauptbahnhof zu. Auslöser war die
kürzliche Ankündigung Deutschlands, Syrien-Flüchtlinge nicht mehr in
das Land abzuschieben, in dem sie erstmals Boden der EU betreten
haben. Ungarn nahm das als Freibrief für die Abreise der Syrer aus
Budapest - auch Österreich betrachtete sich nur noch als Transitland.
Das zeigt, welch ungeplante Folgen grundsätzlich richtige
Entscheidungen haben können. Deutschland wollte
Bürgerkriegsflüchtlingen, die hier sind, ein Gefühl der Sicherheit
vermitteln. An neue Anreize war nicht gedacht. Es gibt dieser Tage
eine Vielzahl guter und gut gemeinter Rezepte - aber auch
vermeintliche Lösungen, die die Probleme nur an andere Orte
verlagern. Das neue Abschiebezentrum in Manching zählt dazu. Sicher
werden sich dort Asylverfahren aus Balkanländern deutlich verkürzen
lassen. Auch das abschreckende Moment wird funktionieren. Die Schweiz
hat es vorexerziert. Als das Nachbarland 2012 ein
48-Stunden-Asylschnellverfahren für sichere Herkunftsländer
einführte, brachen die Zahlen der Asylbewerber aus diesen Staaten
rasant ein und blieben seitdem auf einem Tiefstand. Doch die Menschen
vom Balkan sind weiter auf der Flucht, sie suchen sich nur neue Ziele
selbst wenn sie dabei künftig auch um Bayern einen großen Bogen machen. Nichtsdestotrotz ist das Abschiebezentrum auch der Versuch einer Antwort auf eine offensichtliche Fehlentwicklung. Das deutsche Asylrecht ist für Menschen vom Balkan tatsächlich in den seltensten Fällen eine echte Option, um neue Wurzeln zu schlagen. Die wenigsten Flüchtlinge erfüllen das Kriterium, in irgendeinerweise politisch verfolgt zu sein. Sie klopfen in ihrer Not an die falsche Tür, weil ihnen anderen Zugangspforten nicht offen stehen. Ihre Abschiebung ist damit früher oder später zwangsläufig. Ein Automatismus, in dem kein Platz dafür ist, dass viele, die nun ihm Eiltempo zurückgeschickt werden, bei genauerem Hinsehen als Neubürger sehr wohl interessant wären, weil sie hochmotiviert und einsatzbereit sind. Angesichts mindestens 800 000 Flüchtlingen dieses Jahr in Deutschland und 120 000 in Bayern entfällt dieses genaue Hinsehen bedauerlicherweise. Im Zentrum stehen zu stark kurzfristigeLösungsversuche. Der CSU-Regierung ist - bei allen falschen Tönen der letzten Wochen - zumindest anzurechnen, dass sie Problemfelder früh benannt hat. Geschuldet auch dem Umstand, dass der Freistaat an Hauptfluchtrouten liegt und früh tangiert war. Man hat hier auch aus Fehlern gelernt. Seit dem Desaster 2014 in der überfüllten Bayernkaserne tagt regelmäßig ein Asylstab mit Verantwortlichen aus ganz Bayern - ein Modell auch für die Bundesebene. Die Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ist für andere Bundesländer ein Vorbild. Gerade eben führt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit verstärkter Schleierfahndungen auf der A3 Grenzkontrollen quasi über die Hintertür ein. Weil die EU wegen des Schengen-Abkommens jede dauerhafte Aufweichung direkt an der Grenze verbietet, werden Pässe und Fahrzeuge nun auf Rastplätzen wenige Kilometer weiter in Augenschein genommen. Asylbewerber einfach passieren zu lassen, ist zu Recht keine Option. Bayern hat aktuell eine Hauptlast zu tragen, eben weil es die Pflicht zur Registrierung von Flüchtlingen ernst nimmt, ohne bisher große Solidarität anderer Bundesländer zu erfahren. Es läuft ähnlich, wie in der EU. Jeder duckt sich solange weg, wie es geht. Eine lobenswerte Ausnahme bildet Baden-Württemberg. Das grün-rot regierte Land erklärte sich am Dienstag sofort bereit, einen Teil der Syrien-Flüchtlinge vom Münchner Hauptbahnhof aufzunehmen. Solidarität und parteiübergreifende Lösungen: Sie sind in der Asylpolitik tatsächlich das beste Erfolgsrezept. Auch das lässt sich aus dieser Woche lernen.
selbst wenn sie dabei künftig auch um Bayern einen großen Bogen machen. Nichtsdestotrotz ist das Abschiebezentrum auch der Versuch einer Antwort auf eine offensichtliche Fehlentwicklung. Das deutsche Asylrecht ist für Menschen vom Balkan tatsächlich in den seltensten Fällen eine echte Option, um neue Wurzeln zu schlagen. Die wenigsten Flüchtlinge erfüllen das Kriterium, in irgendeinerweise politisch verfolgt zu sein. Sie klopfen in ihrer Not an die falsche Tür, weil ihnen anderen Zugangspforten nicht offen stehen. Ihre Abschiebung ist damit früher oder später zwangsläufig. Ein Automatismus, in dem kein Platz dafür ist, dass viele, die nun ihm Eiltempo zurückgeschickt werden, bei genauerem Hinsehen als Neubürger sehr wohl interessant wären, weil sie hochmotiviert und einsatzbereit sind. Angesichts mindestens 800 000 Flüchtlingen dieses Jahr in Deutschland und 120 000 in Bayern entfällt dieses genaue Hinsehen bedauerlicherweise. Im Zentrum stehen zu stark kurzfristigeLösungsversuche. Der CSU-Regierung ist - bei allen falschen Tönen der letzten Wochen - zumindest anzurechnen, dass sie Problemfelder früh benannt hat. Geschuldet auch dem Umstand, dass der Freistaat an Hauptfluchtrouten liegt und früh tangiert war. Man hat hier auch aus Fehlern gelernt. Seit dem Desaster 2014 in der überfüllten Bayernkaserne tagt regelmäßig ein Asylstab mit Verantwortlichen aus ganz Bayern - ein Modell auch für die Bundesebene. Die Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ist für andere Bundesländer ein Vorbild. Gerade eben führt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit verstärkter Schleierfahndungen auf der A3 Grenzkontrollen quasi über die Hintertür ein. Weil die EU wegen des Schengen-Abkommens jede dauerhafte Aufweichung direkt an der Grenze verbietet, werden Pässe und Fahrzeuge nun auf Rastplätzen wenige Kilometer weiter in Augenschein genommen. Asylbewerber einfach passieren zu lassen, ist zu Recht keine Option. Bayern hat aktuell eine Hauptlast zu tragen, eben weil es die Pflicht zur Registrierung von Flüchtlingen ernst nimmt, ohne bisher große Solidarität anderer Bundesländer zu erfahren. Es läuft ähnlich, wie in der EU. Jeder duckt sich solange weg, wie es geht. Eine lobenswerte Ausnahme bildet Baden-Württemberg. Das grün-rot regierte Land erklärte sich am Dienstag sofort bereit, einen Teil der Syrien-Flüchtlinge vom Münchner Hauptbahnhof aufzunehmen. Solidarität und parteiübergreifende Lösungen: Sie sind in der Asylpolitik tatsächlich das beste Erfolgsrezept. Auch das lässt sich aus dieser Woche lernen.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
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