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28.12.2014 20:37:58

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Nina Jeglinski zur Lage in der Ukraine

Regensburg (ots) - Auch im neuen Jahr wird die Ukraine nicht zur Ruhe kommen. Solange Kiew von Moskaus Entscheidungen abhängig ist, wird das Land nicht in der Lage sein, seinen eigenen Weg zu gehen. Das nun ausklingende Jahr 2014 hat überdeutlich gemacht, wie dramatisch der Einfluss Russlands sich auf die Ukraine auswirkt - nicht nur politisch, auch wirtschaftlich. Obwohl zigtausende Menschen im Winter 2013/2014 monatelang für einen pro-europäischen Kurs auf die Straßen gingen und viele dafür mit ihrem Leben bezahlten, hat der Kreml alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ein Abdriften der Ukraine Richtung Europa und damit ein Ausscheiden aus der Einflusssphäre Moskaus zu verhindern. Russlands Präsident Wladimir Putin ordnete im März nicht nur die Annexion der Krim an, sondern ließ im April auch Teile der Ost-Ukraine besetzen. Die Krim sei für Russland das, was der Tempelberg für Jerusalem sei, habe eine "heilige Bedeutung", so der Kreml-Chef vor wenigen Wochen. Seit Mai führt die Ukraine Krieg mit Russland. Mehr als 4000 Menschen haben dabei bisher ihr Leben verloren, über 10 000 wurden verletzt. In den besetzten Gebieten werden eigene separatistische Verwaltungsstrukturen geschaffen. Putin machte unverhohlen klar, dass er auf dem Gebiet der Süd-Ost-Ukraine ein Kunstgebilde namens "Noworossija" schaffen will. Ein ungleicher Kampf, den Kiew alleine nicht gewinnen kann. Europa und der Westen wollen aber bis heute keine militärischen Abenteuer am Rande Europas. Keiner will sich mit dem immer unkalkulierbarer agierenden Kremlherrscher Putin militärisch anlegen. Die Ukraine wird ihr Ziel, Mitglied der EU und der Nato zu werden, nur schaffen, wenn Europa und die USA das Land auf dem Weg dorthin begleiten. Keiner, auch Russland nicht, ist dazu befugt, einem unabhängigen Land vorzuschreiben, welcher politischen Richtung es sich anschließen möchte. Der Großteil der ukrainischen Menschen schaut sehnsuchtsvoll auf die Nachbarn in Polen und auf die baltischen Länder. Dort ist es gelungen, sich von Russlands schädlichem, weil als destruktiv erlebtem, Einfluss zu lösen. Dort hat man nicht nur damit begonnen, die Wirtschaft erfolgreich zu modernisieren, sondern auch Politik und Gesellschaft. Die EU, so verbesserungswürdig sie auch sein mag, ist für Millionen Menschen ein attraktives Modell. Wer immer die Wahl hat, zwischen Moskau oder Brüssel entscheiden zu können, wird für den Westen votieren. Es sei denn, er oder sie profitiert von einem autoritären System, das die Putin-Clique und einige Oligarchen-Clans, nicht aber den Großteil der Bürger begünstigt. Wenn es der ukrainischen Führung nicht gelingt, sich vollständig aus dem Einflussbereich des Kremlherrn zu lösen, läuft das Land nicht nur Gefahr, weitere Gebiete zu verlieren, sondern es könnte innerhalb der kommenden Jahre als Staat von der Landkarte verschwinden. In der Ukraine spricht sich die Mehrheit der Bürger seit der Annexion der Krim nicht nur für einen EU-Beitritt aus, sondern auch für eine Aufnahme in die Nato. Der Westen hat im April 2008 auf dem Nato-Gipfel einen Fehler gemacht, als man die Ukraine und Georgien abwies, nur weil die Entscheidung Putin nicht passte. Wenige Monate später hat Russland im August 2008 Georgien überfallen, Südossetien und Abchasien sind seitdem von Moskaus Truppen besetzt. Ein ähnliches Szenario spielt sich nun in der Süd-Ost-Ukraine ab. Auch wenn das im Westen derzeit nur wenige hören wollen: In der Frage der Ukraine gibt es kein "Sowohl-als-auch". Wenn sie überleben will, muss die Ukraine sich für den Westen und gegen Russland entscheiden. Die Frage ist nur, ob sie das schaffen wird.

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