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27.07.2014 20:10:58

Neue Westfälische (Bielefeld): Ausländermaut und andere Fehltritte Der Murks in der Politik Alexandra Jacobson, Berlin

Bielefeld (ots) - Politik folgt nicht immer der reinen Logik, denn sie wird schließlich von Menschen gemacht. Manchmal mangelt es aber auch schlicht an Vernunft. Oder am Willen, Fehler einzugestehen. Gegenwärtig liefert Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt reichlich Anschauungsunterricht. Er ackert wie blöd, um die Quadratur des Kreises zu schaffen. Oder anders: die Pkw-Maut nur für Ausländer, die also Inländer nicht zusätzlich belastet und gleichzeitig Ausländer nicht diskriminiert, sprich europarechtskonform ausfällt. Das ist Murks hoch zehn, und doch besteht die große Gefahr, dass dieser Murks eines Tages im Gesetzblatt landet. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Unfug Gesetzesform annimmt, weil eine Partei meint, sich an ein verkorkstes Wahlkampfversprechen halten zu müssen. Den ermäßigten Mehr-wertsteuersatz für Hotels gibt es immer noch, auch wenn die Partei, die sich dafür starkgemacht hat, nicht mehr im Bundestag vertreten ist. Vielleicht wäre es der FDP besser ergangen, wenn sie 2010 schnell eine Kehrtwende und eine Korrektur eingeleitet hätte. Nach dem Motto: Wir haben verstanden. Doch dazu kam es nicht. Dass alle Parteien hin und wieder knallharten Klientelinteressen nachgeben, schlägt sich ganz allgemein im kabarettreifen Reigen der Mehrwertsteuer-Ausnahmen nieder, die die Politik im Lauf der Jahre beschlossen hat. Ein paar Kostproben: Trüffel klingt nach Luxus. Müsste also mit 19 Prozent besteuert werden. Weit gefehlt: Es gilt der reduzierte Satz von 7 Prozent - bis auf die Trüffel, die in Essig eingelegt sind. Fruchtsaft wird mit 19 Prozent versteuert - aber nur der gepresste. Wird er püriert, gelten die 7 Prozent. Für den Maulesel zahlt man 7, für den Hausesel 19 Prozent. Niemand und am wenigsten der Bundesfinanzminister denkt daran, diesen Wahnsinn zu ändern, weil er sich keinen Ärger mit den Lobbygruppen einhandeln will. Als unvernünftig hat sich auch das Kooperationsverbot herausgestellt, das 2006 im Zuge der Föderalismusreform verabschiedet wurde. Der Bund sollte sich nicht mehr in die Uni- oder Schulpolitik der Bundesländer einmischen dürfen. Das klang nach Freiheit, die allerdings bald auf finanzielle Grenzen stieß. Heute wissen die Bundesländer, dass sie in der Bildung ohne Zuwendung des Bundes die erforderliche Qualität gar nicht leisten können. Der Druck der Verhältnisse hat hier ein vorsichtiges Umdenken eingeleitet. Das Kabinett der Großen Koalition hat jüngst beschlossen, zumindest für die Förderung von überregional bedeutsamen Hochschuleinrichtungen das Kooperationsverbot aufzuheben. Eher ein kleiner Schritt als ein großer Wurf, aber schon darüber hat die Politik jahrelang gestritten.  Mit der Korrektur von einmal existierendem Murks ist es also so eine Sache. Man sollte nicht darauf vertrauen, dass sie gelingt. Deshalb wäre es schon besser, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Es wäre also eine wirklich anerkennenswerte Tat dieser Großen Koalition, die Ausländermaut ganz einfach zu stoppen. Ein solches Gesetzesvorhaben, das nach ersten Schätzungen 30 Prozent Bürokratiekosten erzeugt, sollte ganz schnell in der Versenkung verschwinden. Doch leider spricht die Erfahrung dagegen. Irgendeinen Murks hat sich bisher noch jede Bundesregierung geleistet. Ob Schwarz-Rot an dieser Maut auch festhalten wird, wenn die Kosten die Einnahmen übersteigen? Man sollte diese Möglichkeit nicht von vornherein ausschließen.

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