27.05.2014 20:45:06
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Missbrauch Die Glaubwürdigkeit des Papstes Julius Müller-Meiningen, Rom
Bielefeld (ots) - Es gibt Fragen, von denen sich auch ein Papst
überfordert fühlen kann. Als er auf dem Rückflug aus Israel um seine
Meinung im Hinblick auf den Status der Stadt Jerusalem als möglicher
Hauptstadt eines palästinensischen Staates gebeten wurde, erwiderte
Franziskus offen: "Ich fühle mich nicht kompetent zu sagen, man
sollte dieses oder jenes tun, das wäre ja auch Wahnsinn." Konkret lud
Franziskus beide Seiten zu einem Gebetstreffen in den Vatikan ein.
Die Probleme im Nahen Osten, die der Papst auf seiner Reise nach
Jordanien, Betlehem und Jerusalem mit Händen greifen konnte, gehen
das Oberhaupt der Katholiken nur bis zu einem gewissen Grad etwas an.
Das weiß Franziskus und verhält sich dementsprechend. Ganz anders
steht es um die Probleme im eigenen Haus, etwa beim Kindesmissbrauch
durch katholische Geistliche. Diese Frage geht niemanden so viel an
wie Franziskus. Entsprechend drastisch äußerte sich der Papst nun
auch und versprach "null Toleranz" und "keine Privilegien" für
Priester, die sich schuldig gemacht haben. In einigen Fällen hält die
Kirche trotzdem bis heute ihre Hand schützend über Mitglieder des
Klerus. Beim Thema Kindesmissbrauch entscheidet sich jedoch, wie
ernst es Franziskus mit seinem Reformkurs meint. Denn nur durch eine
absolut glaubwürdige Haltung in dieser Frage kann die Kirche das
Vertrauen wiedererlangen, das sie seit Jahrzehnten verspielt hat. Die
Überstellung der Täter an die Staatsanwaltschaft hilft dabei nur in
Einzelfällen weiter, in Deutschland etwa gibt es aus Rücksicht auf
eine erneute Traumatisierung der Opfer keine Anzeigepflicht.
Entschiedene und harte Worte, ein Treffen mit Opfern, wie es
Franziskus jetzt plant, oder die Berufung einer Kommission sind nur
der Anfang. Entscheidend ist vielmehr, wie die Kirche sich dem
Problem konkret vor Ort stellt, etwa im Hinblick auf eine würdige
Entschädigung Tausender Opfer und der Ausstattung kirchlicher
Gerichte, die mit den Fällen oft überfordert sind. Das ist auch eine
finanzielle Frage, zu der Franziskus bislang weiter schweigt.
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