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01.04.2013 12:39:32

Novartis verliert wegweisenden Patentstreit in Indien

   Von R. Jai Krishna, Ruhman Ahmend und Amol Sharma

   NEU DELHI--Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hat in Indien eine herbe Patentschlappe erlitten. In einem seit sieben Jahren bitter geführten Rechtsstreit hat der Oberste Gerichtshof eine Patenklage von Novartis zurückgewiesen. Das endgültige Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die ganze Pharmabranche - Indien gilt als einer der größten Märkte mit erheblichen Zuwachsraten in den kommenden Jahren.

   Die Richter urteilten am Montag, dass dem Novartis-Krebsmedikament Glivec kein Patentschutz gegeben werden kann. Sie bestätigten damit die Einschätzung der Patentbehörde des Landes aus dem Jahr 2006. Die Behörde hatte den Schweizern den begehrten Schutz des Verkaufsschlagers mit der Begründung verwehrt, dass die neueste Version der Arznei lediglich eine neue Form einer schon bekannten Substanz sei. Novartis hatte daraufhin Indien verklagt: Das Land verletze Vorschriften der Welthandelsorganisation zum internationalen Patentschutz.

   Die Schweizer reagierten enttäuscht auf die Entscheidung des Gerichtshofes. Es sei eine Niederlage für Patienten, und der Fortschritt bei der Bekämpfung von Krankheiten, für die es derzeit keine Behandlung gebe, werde erschwert. Novartis kündigte an, sich bei Investitionen in Indien "vorsichtig" zu verhalten.

   Der Rechtsstreit um das Novartis-Mittel stand seit Jahren im Rampenlicht. Indien hat als Exportland alle Zutaten, die Pharma-Managern den Glanz in die Augen treiben könnte. Der Markt für Medikamente dürfte in den nächsten Jahren massiv wachsen. Bei einem Verlust der Patentrechte allerdings würden die westlichen Pharmakonzerne nicht viel davon haben. Für sie steht deshalb viel auf dem Spiel.

   Sollten die Unternehmen oft und immer wieder auf ihre Rechte zur exklusiven Vermarktung verzichten müssen, kämen ihre Kosten für Forschung und Entwicklung nicht wieder herein. Dem steht das Bedürfnis entgegen, Patienten mit Medizin zu versorgen, die sich weite Teile der indischen Bevölkerung schlicht nicht leisten können.

   Pricewaterhouse Coopers schätzt, dass das Volumen des indischen Arzneimittelmarkts von rund 11 Milliarden Dollar im Jahr 2011 auf 74 Milliarden im Jahr 2020 steigen kann. Den Pharmakonzernen bieten sich damit prinzipiell riesige Chancen, die ihnen die Behörden des Landes aber nicht ohne weiteres zugestehen wollen. In den vergangenen Jahren haben schon andere prominente Pharma-Multis vergeblich um Schutzrechte für ihre Medikamente gekämpft.

   So lehnte das indische Patentamt auch den Antrag des US-Konzerns Gilead Sciences Inc für dessen HIV-Medikament Viread ab. Und auch die schweizerische Roche Holding steht ohne Exklusivrechte da. Sie muss hinnehmen, dass in Indien ein Nachahmerprodukt ihres Krebsmittels Tarceva verkauft wird. In vielen westlichen Ländern ist das Produkt durch Patente geschützt.

   Einen Dämpfer verpasste das indische Patentamt auch dem deutschen Pharmariesen Bayer. Erst Anfang März hatte die Behörde den Widerspruch des DAX-Unternehmens gegen die Zwangslizenz für eine Produktion des Krebsmedikamentes Nexavar abgelehnt. Somit wird die indische Natco Pharma Ltd auch weiterhin ein Nachahmerprodukt des Nieren- und Leberkrebsmittels anbieten können. Allerdings muss sie Bayer nun eine Lizenzgebühr von 7 Prozent der Verkaufserlöse zahlen.

   Die Pharmabranche befürchtet, dass künftig Zwangslizenzen unter Verletzung bestehender Patentrechte beliebig erteilt werden könnten. Ausländische Konzerne reagieren deshalb mit Unbehagen auf den offensichtlichen Strategiewechsel des Landes. 2002 waren die multinationalen Unternehmen in Indien noch sehr willkommen, Geschäftsprojekte durften zu 100 Prozent in ausländischer Hand liegen. Inzwischen hat die Regierung diesen liberalen Ansatz aufgegeben und prüft alle grenzüberschreitenden Projekte genau.

   Zudem sollen Gesellschaften, die Vermögenswerte in Indien kaufen, bestimmte Vorgaben erfüllen. Eine Idee der Regierung: Die Firmen sollen sicherstellen, dass ein bestimmtes Maß an Forschung und Entwicklung im Land selbst getätigt wird und dass die Preise für Arzneien auf dem in Indien niedrigen Niveau gehalten werden.

   Mit den Vorhaben reagiert der Staat darauf, dass ausländische Pharmakonzerne in den vergangenen Jahren mehrere indische Wettbewerber aufkauften. Das rief unter anderem Aktivisten auf den Plan, die steigende Medikamentenpreise in Indien fürchten.

   Kritiker monierten im Vorfeld der aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, die Regierung baue Barrieren für ausländische Unternehmen zum falschen Zeitpunkt auf. Gerade jetzt sei Indien auf die Investitionen ausländischer Konzerne angewiesen, um Wachstum anzukurbeln und neue, gut bezahlte Jobs zu schaffen.

   Befürworter entgegneten, Indien versuche nur sicherzustellen, dass die heimischen Generikaunternehmen auch weiterhin kostengünstig lebenswichtige Medikamente produzieren könnten. Vertreter der Hilfsorganisation Ärzte Ohne Grenzen (Medecins Sans Frontieres - MSF) hatten schon im vergangenen Jahr vor einem Sieg Novartis' gewarnt.

   Er würde einen Präzedenzfall schaffen, der es Pharmariesen erlauben würde, Patente für eine Reihe von Arzneien zu bekommen, die derzeit als preiswertere Nachahmerprodukte auf dem Markt seien. Eine blühende Industrie würde vernichtet, und die Preise würden in Indien steigen - und nicht nur da.

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