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14.11.2016 20:56:40

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Börsen-Zeitung: Der Wert der Strategie, Kommentar zu Siemens von

Michael Flämig

Frankfurt (ots) - Siemens zahlt einen hohen Preis für die

US-Softwarefirma Mentor Graphics. Angesichts der Multiples läuft es

selbst feurigen M&A-Strategen kalt den Rücken herunter. Je nach

Rechenweise addieren sich erst die operativen Gewinne von 15 bis 20

Jahren auf jene 4,5 Mrd. Dollar, die die Münchner auf den Tisch

legen. Sie spendieren fast das Vierfache des Mentor-Umsatzes. Zum

Vergleich: Beim Zukauf der US-Softwareschmiede UGS im Jahr 2007 wurde

knapp das 3-Fache des Umsatzes ausgegeben, und schon dies galt als

ambitioniert.

Trotzdem haben die Anleger keineswegs schockiert reagiert. Die

Siemens-Aktie ging mit einem Plus von knapp 1% aus dem Handel und

schnitt damit sogar leicht besser ab als der Deutsche Aktienindex.

Zukäufe stehen im Jahr 2016 eben hoch im Kurs. Fast alles scheint

erlaubt. Solche Phasen gibt es immer wieder an den Finanzmärkten.

Aber ist auch alles sinnvoll?

Die Grenze zwischen Fantasiepreisen und strategisch berechtigten

Ausgaben ist schwer zu ziehen. Was heute sportlich erscheint, kann

morgen angemessen sein und übermorgen schon wieder als irrsinnig

eingestuft werden - je nach Branchenkonjunktur. Auf jeden Fall stimmt

es misstrauisch, wenn Wertmaßstäbe für Akquisitionen über Bord

geworfen werden. Siemens hat dies schon vor zwei Jahren getan.

Zukäufe müssen nicht mehr nach drei Jahren einen positiven

Geschäftswertbeitrag liefern. Für Mentor Graphics wird dieser

Zeitpunkt gar nicht mehr genannt. Er dürfte in sehr ferner Zukunft

liegen.

Doch wer sein Urteil allein auf Finanzmathematik stützt, der macht

es sich zu leicht. Strategie zahlt sich zuweilen auf anderem Weg aus.

Mentor hat das Potenzial, so ein Fall zu werden.

Erstens spricht dafür die Vorgeschichte: UGS wurde exzellent

integriert, und das Management hat das Know-how des Zukaufs gehebelt.

Ein ähnlicher Erfolg zeichnet sich beim jüngsten Software-Neuerwerb

CD-Adapco ab. Zweitens sollte sich Siemens im Wettlauf mit General

Electric & Co. zur Industrie 4.0 aus zwei Gründen sputen. Zum einen

gilt es Standards zu setzen, dann läuft das Geschäft künftig fast von

allein. Zweitens muss schnell eine umfangreiche installierte Basis

aufgebaut werden, denn so fließen hochmargige Serviceerträge.

Strategie hat also ihren Wert. Je höher die Preise sind, desto

mehr schrumpft allerdings der Spielraum für Irrtümer. Wenn zugleich

ein berechenbares Geschäft wie die Medizintechnik schrittweise

abgegeben wird, steigert dies zusätzlich das Risiko der Siemens-Aktie

- allerdings auch den potenziellen Ertrag aus diesem Investment.

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