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21.07.2016 20:50:40

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Börsen-Zeitung: Die Stunde der Politik, Kommentar zur EZB von Stephan

Lorz

Frankfurt (ots) - In der akuten Phase der Finanzkrise hat das

zügige Handeln der Europäischen Zentralbank (EZB) das

Auseinanderbrechen der Eurozone verhindert. Dann kam die Stunde der

Politik - die diese aber hat verstreichen lassen. Die Währungsunion

ist daher bis heute unvollkommen geblieben. Eine Fiskalunion gibt es

nicht. Die einzelnen Regierungen meinen, sich weiter an keine

Abmachungen halten zu müssen, agieren eher gegen- als miteinander.

Deshalb bleibt das Konstrukt Eurozone in höchstem Maße labil, was es

empfindlich macht gegenüber Schocks jeglicher Art. Stets muss mit dem

Ende des Euro-Experiments gerechnet werden.

Bislang hat die EZB die Währungsgemeinschaft allen Widrigkeiten

politischer Untätigkeit zum Trotz zusammenhalten können. Doch neue

multidimensionale Herausforderungen machen ihr nun Probleme:

Innerhalb der Eurozone nimmt die Zahl ihrer Gegner weiter zu,

nationalistische Tendenzen werden stärker. Das schwächt das Konstrukt

von innen, weil es weitere Souveränitätsübertragungen blockiert. Mit

dem Brexit-Votum der Briten wird zudem die Europäische Union infrage

gestellt. Trotzdem scheint die Politik in ihren stereotypen

Verhaltensweisen gefangen: Rom wettert gegen Berlin wegen des Umgangs

mit italienischen Banken. Die Ostländer sorgen sich um ihre

Sicherheit, wollen andernorts aber keine Kompromisse eingehen.

Frankreich verkämpft sich in der Innenpolitik. Und die Iberer drehen

weiter an der Schuldenschraube. Zudem droht im Falle der Wahl eines

Donald Trump zum US-Präsidenten eine der größten politischen

Eruptionen der vergangenen Jahrzehnte überhaupt: Politische

Gewissheiten würden erschüttert, die Machtgeometrie würde verzerrt.

Eine in sich gefestigte Eurozone wäre also wichtiger denn je!

Erneut ist es die Stunde der Politik. Auch wenn die Politiker in

den Euro-Hauptstädten die EZB zum Handeln drängen - die Notenbanker

müssen der Versuchung diesmal widerstehen. Das sollte ihnen umso

leichter fallen, als sie mit ihrer Geldpolitik erkennbar an eine

imaginäre Grenze gestoßen sind. Die Käufe von Unternehmens- und

Staatsanleihen sowie die Negativzinsen untergraben ihre

Glaubwürdigkeit eher und stärken obendrein die eurofeindlichen

Kräfte. Das darf Draghi nicht riskieren. Insofern war es weise, dass

sich die EZB gestern zurückgehalten hat. Auch im September sollte sie

zuwarten. Denn die aus der Unsicherheit gespeisten Risiken sind nicht

monetärer Natur. Es geht nicht um die Preisstabilität, sondern um

politische Stabilität.

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