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27.09.2016 19:59:40

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Börsen-Zeitung: Fair bleiben, Kommentar zum Auftritt von EZB-Chef

Draghi im Bundestag von Mark Schrörs

Frankfurt (ots) - So sehr sich die Europäische Zentralbank (EZB)

auch bemüht, den Besuch von Notenbankchef Mario Draghi am Mittwoch im

Bundestag herunterzuspielen - das ist ohne Frage ein ebenso

besonderer wie heikler Termin. Das gilt erst recht nach der verbalen

Fehde zwischen Unionspolitikern und der EZB im Frühjahr, die gar in

CSU-Forderungen gipfelte, Draghis Nachfolger müsse ein Deutscher

werden - und angesichts einer möglichen neuerlichen Ausweitung der

ultralockeren Geldpolitik. Eine erneute Eskalation aber darf es nicht

geben. Ein Showdown würde - unabhängig vom Ausgang - beiden Seiten

immens schaden.

Die Abgeordneten wollen Draghi in die Mangel nehmen. Das ist nicht

nur ihr gutes Recht, sondern aktuell ihre Pflicht. Tatsächlich nimmt

der Nutzen jeder weiteren EZB-Maßnahme ab, während die Risiken vor

allem für die Finanzstabilität rasant steigen. Davor hat selbst

Draghis Intimus Benoît Coeuré gewarnt. Die Zentralbank der

Zentralbanken BIZ mahnt sogar, womöglich sei der Punkt erreicht, an

dem die Geldpolitik mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet. Die

Kritik muss aber fair und sachlich bleiben. Debatten über die

"richtige" Nationalität des EZB-Präsidenten sind irrwitzig.

Die Politik, auch jene in Berlin, kann zudem nicht ihre Hände in

Unschuld waschen. Es stünde ihr frei, Vorteile durch die

Milliarden-Einsparungen bei der Zinslast an die um ihre

Altersvorsorge besorgten Bürger weiterzureichen. Vor allem aber

könnte auch Berlin aktuell einiges dafür tun, dass es der

Euro-Wirtschaft besser geht. Das meint nicht plumpe

schuldenfinanzierte Konjunkturpakete. Aber mehr Investitionen vor

allem in Bildung und weitere Strukturreformen könnten für nachhaltig

mehr Wachstum sorgen. Immer neue (Renten-)Wahlgeschenke und das

Zurückdrehen von Reformen bewirken das genaue Gegenteil.

Draghi seinerseits muss die Sorgen der Deutschen ernst nehmen -

auch wenn er nicht alle versteht. Das große Misstrauen der Deutschen

muss ihn alarmieren. Vertrauen ist das wichtigste Gut jeder

Zentralbank. Solange sich die Wirtschaft robust zeigt und mehr

Inflation absehbar sind, sollte die EZB nicht schon wieder die

geldpolitische Brechstange herausholen. Insbesondere aber muss Draghi

klar machen, dass die EZB einen Plan für den Ausstieg aus der

beispiellosen Geldschwemme hat. An einer solchen Perspektive mangelt

es bisher.

Es wäre verheerend, wenn die EZB und die Geldpolitik nach oder

neben der Flüchtlingskrise zum Wahlkampfschlager wird. Die Attacken

von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf die US-Notenbank Fed

belegen, dass davon nur eine Seite profitieren würde - die

Populisten.

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