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25.06.2014 20:30:46

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Börsen-Zeitung: Freud'sche Versprechen, Kommentar zum EU-Gipfel von

Detlef Fechtner

Frankfurt (ots) - Jeder kennt Freud'sche Versprecher - also

unabsichtliche sprachliche Fehlleistungen, die offenbaren, dass

jemand andere Hintergedanken hat. Beim EU-Gipfel heute und morgen

werden ebenfalls Aussagen zu hören sein, die andere Hintergedanken

offenbaren. Nur handelt es sich dabei nicht um unabsichtliche

Ausrutscher, sondern um absichtsvolle Formulierungen. Also nicht um

Versprecher, sondern um Versprechen.

Die Staats- und Regierungschefs werden bei ihrem Treffen ein

Problem lösen. Und gleichzeitig einige neue Probleme schaffen. Sie

werden einerseits Jean-Claude Juncker als Kandidaten für den Posten

des EU-Kommissionspräsidenten küren. Sie werden andererseits bemüht

sein, trotzdem alle, die davon nicht begeistert sind, durch allgemein

gehaltene, inhaltliche Zugeständnisse zu entschädigen. Das ist der

eigentliche Zweck der sogenannten Strategischen Agenda, die

beschlossen werden soll.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy war zuletzt viel unterwegs, um

die Formulierungen abzustimmen. Großbritannien zuliebe wird viel die

Rede sein von den Lieblingsthemen auf der Insel: von der

Weiterentwicklung des Binnenmarkts und dem Abbau administrativer

Belastungen, vom Nutzen von Freihandelsabkommen und vom energischen

Kampf gegen den Missbrauch der Sozialsysteme durch Freizügigkeit von

Arbeitnehmern. Zugleich wird die Gipfel-Agenda Zugeständnisse an

Italien enthalten - in Form blumiger Worte über eine flexible,

wachstumsfreundliche Auslegung des Stabilitätspakts.

Die Bundesregierung macht einen zufriedenen Eindruck. Die

schwierige Spitzenpersonalie wird abgeschlossen, weitere Schritte der

Integration der EU und der Eurogruppe sind nicht ausgeschlossen und

der Rechtstext des Stabilitätspakts bleibt unangetastet. Es wäre aber

töricht, andererseits die Gefahren zu übersehen, die man sich

eingehandelt hat. Die Briten werden die Agenda nicht als bloße

Prioritätenliste, sondern als Dokument des Selbstverständnisses und

der Verankerung der EU interpretieren - und sich künftig in Brüssel

noch bockiger präsentieren als jetzt schon. Die Italiener werden aus

der Agenda ableiten, dass sie in schweren Zeiten (und bekanntlich

sind fast alle Zeiten schwer) ihren riesigen Schuldenberg nicht wie

eigentlich vereinbart in nennenswerten Schritten abbauen müssen.

Die Wahrheit ist bekanntlich konkret. Briten, Italiener und wohl

auch Franzosen werden schon bald konkret die Belastbarkeit der

Versprechen dieser Agenda testen. Auf die EU wartet erneut ein

Stresstest.

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