30.11.2015 19:56:39
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Börsen-Zeitung: Keine Märchen mehr, Kommentar zum Hamburger Votum
gegen die Olympischen Spiele von Carsten Steevens
Frankfurt (ots) - Olympische Träume finden in Deutschland keine
Mehrheiten mehr. Nach den Erfahrungen vom Sonntag ahnt man: wohl noch
für eine lange Zeit. Das Votum der Hamburger gegen eine Bewerbung
ihrer Stadt um die Austragung der Sommerspiele 2024 hat einmal mehr
die überwiegend kritische Haltung in Deutschland bestätigt, die
bereits vor zwei Jahren im Süden der Republik das Projekt Münchner
Winterspiele im Jahr 2022 verhindert hatte. Der Bedarf an sportlichen
Sommer- oder Wintermärchen ist offenbar gedeckt. So enttäuschend es
43 Jahre nach den bislang letzten Olympischen Spielen auf deutschem
Boden auch sein mag: Solange der Eindruck bestehen bleibt, dass
Olympia-Großprojekte das rechte Maß bei Kosten und Kommerzialisierung
verloren haben, braucht Deutschland sich nicht mehr zu bewerben.
Es war richtig, ein Referendum anzuberaumen. Vorbehalte gegen
Olympische Spiele, die zuletzt durch Sotschi im vorigen Jahr genährt
wurden, gab und gibt es auch anderswo in der Welt. So zog Boston sein
Interesse an einer Ausrichtung der Spiele 2024 zurück. Hätten die
Hamburger mehrheitlich der Bewerbung zugestimmt, hätte die
international weithin unbekannte Hansestadt als einziger
Olympia-Kandidat mit diesem Erfolg punkten können. Doch das von einer
großen Koalition in Hamburgs Bürgerschaft und von der lokalen
Wirtschaft massiv beworbene Konzept, das sich auf eine angekündigte
Reformagenda des Internationalen Olympischen Komitees stützte, hatte
einen gravierenden Mangel: eine überzeugende Finanzplanung.
Dabei wollte es Hamburg nach dem Finanzdebakel beim Bau der
Elbphilharmonie mit einem detaillierten Kosten-Einnahmen-Plan
besonders gut machen. Doch nicht nur wirkten die bis 2024
kalkulierten Kosten von 11,2 Mrd. Euro abschreckend. Versäumt wurde
vor allem eine Vereinbarung mit dem Bund zur Kostenaufteilung, mit
der man der Verunsicherung in der Bevölkerung angesichts zunehmender
Herausforderungen etwa durch Flüchtlingsstrom und Terror hätte
begegnen können.
Der Bund hätte, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble am
Sonntagabend bedauerte, die Olympia-Bewerbung unterstützt, aber nicht
in dem von Hamburg gewünschten Ausmaß. Bei so viel Unstimmig- und
Halbherzigkeiten trotz der Aussicht auf einen weiteren Haushalt ohne
Nettokreditaufnahme und der Erfahrungen in Bayern vor zwei Jahren
wäre es besser gewesen, auf Pläne für eine Bewerbung zu verzichten.
So hat sich Deutschland sportpolitisch blamiert. Und Hamburg muss auf
eine einmalige Chance zur Standortentwicklung verzichten.
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