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22.03.2019 20:30:41

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Börsen-Zeitung: No deal - no worries, Marktkommentar zum Brexit von

Dietegen Müller

Frankfurt (ots) - Ein ungeregelter Brexit sollte für die

Finanzmarktstabilität keine Risiken bergen. Dies ist die Auffassung

verschiedener Aufsichtsbehörden. Am Donnerstag hat auch Steven

Maijoor, Chef der europäischen Marktaufsicht ESMA, im Internationalen

Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten erneut erklärt, der Markt

sei "adäquat" vorbereitet. Schließlich habe sich auch seine Behörde

seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 auf ein No-Deal-Szenario

vorzubereiten begonnen. Über verschiedene Vereinbarungen soll

sichergestellt sein, dass systemkritische Marktsegmente, etwa die

Verrechnung von auf Euro lautenden Zinsderivaten, nicht

durcheinandergebracht werden.

No deal, no problem? Der Markt geht auch nach der Verschiebung des

möglichen Cliff-Edge-Brexit-Datums nun auf den 12. April nicht

wirklich davon aus, dass Großbritannien die Europäische Union ohne

vertragliche Vereinbarung verlassen wird. Das britische Pfund legte

nach dem EU-Gipfel gegenüber dem Euro um mehr als 1 Prozent zu, was

aber nicht nur an der von der EU gewährten Fristverlängerung lag,

sondern auch an schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone,

namentlich aus der deutschen Industrie.

Doch ganz so einfach dürfte es wohl nicht werden, wenn die

britische Insel ungeregelt austreten sollte. Da wäre zum einen die

ungeklärte Frage, welche Wertpapiere wo handelbar sein werden. So hat

die ESMA eine Art "Positivliste" mit mehr als 6000 liquiden Aktien

veröffentlicht, die von EU-27-Marktteilnehmern nach einem No Deal nur

auf Handelsplattformen in einem EU-27-Land gehandelt werden dürften.

Auch 14 britische Titel dürften dann von EU-Gegenparteien nicht mehr

in London gehandelt werden. Dazu gehören prominente Namen wie

Vodafone, GlaxoSmithKline, BP, BHP und Rio Tinto.

Die Einteilung der ESMA erscheint etwas willkürlich: Laut

Rosenblatt Securities haben nur drei dieser Titel 2018 einen

Handelsumsatz von mehr als 50 Prozent auf den

EU-27-Handelsplattformen ausgewiesen. Doch die ESMA erklärt, die

EU-Kommission habe den britischen Handelsplattformen keine

Äquivalenzanerkennung im Fall eines Hard Brexit ausgesprochen -

anders als bei Clearinghäusern. Deshalb gelte für die erwähnten

britischen Titel eine Handelspflicht in der EU-27. Im Hintergrund

spielt hier hinein, dass die EU mit der Schweiz um ein Rahmenabkommen

ringt und der Schweizer Börse Six nur eine begrenzte

Äquivalenzanerkennung bis Ende Juni erteilt hat. Die britische

Finanzaufsicht FCA ihrerseits behält sich nun vor, eine

Handelspflicht auf britischen Börsenplattformen im Fall des

ungeregelten Brexit auszusprechen. Dadurch könnten laut dem

Marktinfrastrukturspezialisten Fidessa besonders jene

kontinentaleuropäischen Aktien betroffen sein, bei denen der Anteil

des Handelsumsatzes an britischen Börsen 50 Prozent ausmacht - und

die anderen 50 Prozent Volumen konsequenterweise nicht mehr auf einer

EU-27-Börse gehandelt werden dürften. Dazu gehören rund 230 Titel mit

rund 2 Bill. Euro Handelsumsatz (2017). Auch deutsche Blue Chips

könnte dies treffen. Assetmanager und Wertpapierdienstleister in der

EU-27 würden vor Schwierigkeiten stehen, wie sie diese Titel handeln

können, die Handelskosten dürften steigen.

Ein ungeregelter Brexit würde sich auch in anderen Bereichen

niederschlagen. So könnten Lieferketten beeinträchtigt werden, was

die wirtschaftliche Aktivität in Großbritannien, aber auch in der

EU-27 belasten würde. Nicht nur an den Aktienmärkten dürfte dies zu

einer Korrektur führen, auch könnte der Pfund-Kurs davon belastet

werden. Währungsanalyst Jordan Rochester von der Großbank Nomura geht

davon aus, dass im Fall eines Hard Brexit das britische Pfund stärker

unter Druck geraten könnte als am Tag nach dem Brexit-Referendum.

Gegenüber dem Euro hatte es damals zeitweise fast 8 Prozent und

gegenüber dem Dollar zeitweise 11 Prozent verloren. Andere

Währungsanalysten weisen jedoch darauf hin, dass das Pfund bereits

sehr günstig bewertet sei und deshalb selbst bei einem No Deal kaum

noch stärker einbrechen dürfte.

Ferner könnten britische Immobilienfonds in den Fokus rücken,

sollten EU-27-Anleger in größerem Stil Mittel daraus abziehen wollen.

Auch könnten kleinere Unternehmen insbesondere im Zahlungsverkehr

betroffen sein. Viele dieser Unternehmen sind in Großbritannien

ansässig. Der Weg zum Brexit dürfte in den nächsten Tagen und Wochen

noch manche Überraschung mit sich bringen. Sollte es zum Äußersten

kommen, wird sich zeigen, wer die damit verbundenen Risiken auf die

leichte Schulter genommen hat.

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