27.05.2019 20:36:41

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Börsen-Zeitung: Notgeburt, Kommentar zu einer Fusion von Fiat Chrysler

und Renault von Sebastian Schmid

Frankfurt (ots) - Not kennt kein Gebot. In der Autoindustrie wird

das Sprichwort zum Motto der Stunde. So sind die Erzrivalen Daimler

und BMW ob der Herausforderungen bei Mobilitätsdiensten und beim

autonomen Fahren über ihren Schatten und in die Arme des jeweils

anderen gesprungen. Nun könnte mit dem Zusammenschluss von Renault

und Fiat Chrysler (FCA) eine neue Zweckgemeinschaft hinzukommen. FCA

befindet sich schon seit Jahren erfolglos auf Brautschau. Der

verstorbene CEO Sergio Marchionne hatte nie einen Hehl daraus

gemacht, dass FCA allein auf Dauer zu klein sei. Mit der Übernahme

von Chrysler hatte er dem Unternehmen lediglich Zeit erkauft.

Mit der Übernahme von Opel durch die französische PSA hat sich der

strukturelle Nachteil von Fiat in Europa aber weiter verschärft. Das

Unternehmen hängt ohnehin von der US-Tochter Chrysler und deren

SUV-Marke Jeep ab, die Marchionnes Nachfolger Mike Manley zu neuer

Blüte geführt hatte. Das Amerika-Geschäft steht bei FCA für mehr als

90 Prozent des Gewinns. In Europa spart Fiat derweil schwindenden

Marktanteilen hinterher. Die Sparpolitik hat dazu geführt, dass das

Unternehmen beim Thema Elektromobilität blank dasteht und sich auf

einen Ablasshandel mit dem Elektroautobauer Tesla einlassen musste,

um die strenger werdenden EU-Vorgaben zum CO2-Ausstoß zu erfüllen.

Hinzu kommt, dass trotz der Sparmaßnahmen kein großer Wettbewerber

operativ je Auto zuletzt weniger verdient hat als der

italienisch-amerikanische Konzern.

FCA hat also gute Gründe, sich unter das Dach der Franzosen zu

flüchten. Marchionne hat vor Jahren mit der Chrysler-Übernahme

gezeigt, wie man die temporäre Notlage eines Wettbewerbers für einen

vorteilhaften M&A-Deal nutzt. Sein Nachfolger Manley hat offenbar gut

aufgepasst und unterbreitet nun Renault ein verlockendes Angebot.

Just in dem Moment, in dem die Zukunft von Renaults Autobauerallianz

mit Nissan in der Schwebe hängt.

Dem möglichen Deal haftet derweil das Problem an, das schon die

Übernahme von Chrysler hatte: Mit Renault und FCA fänden zwei

Autobauer zusammen, die beide in Sachen Profitabilität den

Wettbewerbern hinterherhinken. Je Auto verdient Renault kaum mehr als

FCA. Auch die Skaleneffekte bleiben überschaubar. Ohne Nissan und

Mitsubishi würde die fusionierte Renault-FCA im Vergleich zur

bisherigen Allianz deutlich schrumpfen. Nur mit den Japanern

entstünde ein echter Champion. Was bisher präsentiert wird, ist nur

eine Notgeburt.

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