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19.07.2015 18:28:45

Schäubles Grexit-Kurs spaltet die Koalition in Deutschland

   Von Stefan Lange und Jürgen Hesse

   BERLIN (Dow Jones)--Die Planspiele von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für einen zeitweisen Euro-Austritt Griechenlands haben tiefe Gräben in der Regierungskoalition aufgerissen. Vizekanzler Sigmar Gabriel kritisierte, er habe von Schäubles Plänen nichts gewusst und sei auch von Kanzlerin Angela Merkel zunächst nur allgemein informiert worden. Schäuble bestritt diese Darstellung. Er schloss einen Rückzug vom Ministeramt im äußersten Fall zwar nicht aus, betonte gleichzeitig aber, dass er aktuell keine Rücktrittsgedanken habe. Merkel hielt sich in der Debatte demonstrativ zurück.

   Gabriel sagte im ZDF-Sommerinterview, er habe von Schäubles Plänen zunächst nichts gewusst. Er sei von Kanzlerin Merkel (CDU) "sehr allgemein" darüber informiert worden. Die Sozialdemokraten hätten stets darauf gedrungen, das Vorgehen beim Thema Griechenland mit Frankreich abzustimmen, sagte der Wirtschaftsminister. Deshalb habe er es auch nicht für klug gehalten, diesen Vorschlag als deutschen Vorschlag einzubringen. "Das ist etwas, was ich jedenfalls nicht gemacht hätte", sagte er.

   "Schäuble hat die SPD gegen sich aufgebracht"

   Dass die Debatte über einen Grexit aber nun weitergehe, halte er für falsch, sagte Gabriel mit Blick auf Schäuble, der seine Grexit-Forderungen auch nach dem Gipfel von Brüssel mehrfach wiederholt hatte. Schäuble habe damit die SPD gegen sich aufgebracht, kritisierte Gabriel. Der Finanzminister habe gewusst, dass die Sozialdemokraten nur für einen einzigen Fall bereit gewesen wären, über einen Grexit zu reden, nämlich "wenn die Griechen das selbst wollen". Dies sei nicht der Fall gewesen.

   Schäuble hingegen kritisierte Gabriel, der stets bestritten hatte, Schäubles Plänen für eine fünfjährige Euroauszeit Griechenlands zugestimmt zu haben. "Jede Partei hat ihre Probleme", sagte Schäuble in einem Interview mit dem Spiegel. In einer Koalition nehme man aber Rücksicht aufeinander. "Man sollte eigene Probleme nicht durch unzutreffende Behauptungen über andere lösen wollen", sagte Schäuble.

   Unions-Fraktionschef Volker Kauder schloss sich dieser Darstellung an. "Es ist klar, dass er eingebunden war", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk zur Rolle des Vizekanzlers. Kauder rief die Koalition zugleich dazu auf, jetzt den Blick nach vorne zu richten.

   Merkel: "Geht nicht um Schönheitspreise"

   CDU-Chefin Merkel sagte am Sonntag im ARD-Sommerinterview, es gebe ein gemeinsames Ergebnis. Der Finanzminister werde nun genauso wie sie die Verhandlungen führen. "Bei mir war niemand und hat um irgendeine Entlassung gebeten und ich habe auch nicht die Absicht, diese Diskussion weiterzuführen", betonte Merkel. Jetzt werde man gemeinsam in der Koalition weiterarbeiten, "aber selbstverständlich auch gemeinsam in der Union. Da muss sich niemand Sorgen machen, wir haben genug andere Probleme."

   Vorwürfe anderer EU-Staaten, sie und Schäuble hätten zu hart verhandelt, wies Merkel zurück. Ein Kompromiss nur um der guten Stimmung willen werde die Probleme in Europa nicht lösen, sagte sie in der ARD. "Wir haben viel zu oft Dinge vereinbart, die wir dann nicht eingehalten haben", kritisierte die Regierungschefin. Das führe zu einem sinkenden Vertrauen in Europa, "und das muss besser werden". Es gebe Momente, da gehe es "nicht um Schönheitspreise, sondern da geht es darum, dass in der Sache das Richtige getan wird".

   "Nein, wie kommen Sie darauf?"

   Schäuble hatte zuvor dem Spiegel auf die Frage, ob er über einen Rücktritt nachdenke, gesagt: "Nein, wie kommen Sie darauf?" Gleichzeitig schloss er einen solchen Schritt grundsätzlich nicht aus, wenn die Kritik an ihm überhand nehmen sollte. "Politiker haben ihre Verantwortung aus ihren Ämtern", sagte er. Niemand könne sie zwingen, gegen ihre Überzeugungen zu handeln. "Wenn das jemand versuchen würde, könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten", sagte Schäuble.

   In dem Gespräch räumte er ein, dass Merkel und er in den vergangenen Wochen bei der Rettung Griechenlands unterschiedliche Auffassungen vertreten hätten. "Es gehört zur Demokratie, dass man auch einmal unterschiedliche Meinungen hat", sagte er.

   Rüge für die "Nein-Sager"

   CDU-Generalsekretär Peter Tauber trat im Tagesspiegel "Spekulationen" über einen möglichen Rücktritt von Schäuble wegen erkennbarer Differenzen mit der Kanzlerin entgegen. "Wolfgang Schäuble und Angela Merkel sind vielleicht nicht immer einer Meinung, aber gehen immer einen gemeinsamen Weg", sagte Tauber.

   Gleichzeitig rügte Tauber alle 60 Bundestagsabgeordneten in der Unionsfraktion, die sich bei der Abstimmung am Freitag gegen Verhandlungen über ein neues Hilfspaket für Griechenland ausgesprochen hatten. Die Gegner weiterer Griechenland-Hilfen sollten ihre Haltung überdenken, forderte Tauber.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/stl/jhe

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   July 19, 2015 11:58 ET (15:58 GMT)

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