09.10.2014 20:58:00
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Schwäbische Zeitung: Die Wirtschaftsflaute ist hausgemacht
Aber das stimmt nicht. Vielmehr war der Aufschwung der vergangenen Jahre eine Anomalie. Wir verdanken unser Wohlergehen einer Mittelschicht in China, die wie verrückt deutsche Autos kaufte. Nachbarn in Europa verschuldeten sich für deutsche Maschinen, während die Deutschen selbst sparten. Zuletzt haben niedrige Zinsen die Verbraucher in den Konsum getrieben. Eine historisch einmalige Situation, die auf Dauer auch kein Wachstumsmodell begründet. Die Deutschen haben sich an sich selbst berauscht, als würden Hartz-Reformen und der Meisterbrief genügen, um den Wohlstand in alle Ewigkeit zu sichern.
Der Aufschwung hat viele satt und selbstgefällig gemacht. Gewerkschaften fordern E-Mail-Pausen und Gesetze gegen Burn-out. Radiosender sehnen spätestens mittwochs das Wochenende herbei. Die Generation der 30-Jährigen macht sich mehr Gedanken über das Einwecken von Marmelade als über ihr berufliches Fortkommen. Zugleich gibt die Große Koalition großzügig Geld aus für Geschenke wie Mütterrente, während Autobahnen und Brücken verfallen. Doch es wäre zu einfach, nur Politikern Kurzsichtigkeit vorzuwerfen. Auch Firmen zehren von der Substanz: Sie investieren nicht in ihre Fabriken. Händler verweigern sich dem Internet, Zulieferer verschlafen die Globalisierung.
Wenn wir die wachsende Zahl an Rentnern würdig versorgen wollen, ohne die Jugend um ihre Zukunft zu bringen, muss die Wirtschaft wachsen. Das wird nur funktionieren, wenn Staat und Wirtschaft Milliarden in Straßen, Anlagen, Hochschulen stecken. Und wenn die Bürger bescheidener leben und akzeptieren, dass es keine Reichtümer mehr zu verteilen gibt. Das Wirtschaftswunder ist vorbei.
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