23.02.2016 22:32:38
|
Schwäbische Zeitung: Leitartikel zum Armutsbericht 2016: Großzügiger Armutsbegriff
Denn im Klartext folgt aus ihr: Je wohlhabender eine Gesellschaft insgesamt ist, umso stärker steigt das Armutsrisiko. Konkret: In einem Land, in dem der Porsche das Standard-Fahrzeug wäre, müsste der VW-Golf-Fahrer zwangsläufig als arm gelten. Menschen in Ländern, in denen es tatsächlich und buchstäblich ums tägliche Überleben geht, dürften diesen Armutsbericht deshalb eher als verkappten Wohlstandsbericht wahrnehmen.
Dennoch ist Armut natürlich auch ein relativer Begriff. Er hat mit gesellschaftlicher Teilhabe zu tun. Man muss in Deutschland in der Tat nicht direkt vom Hungertod bedroht sein, um dennoch zu Recht als arm zu gelten. Vielleicht lässt es sich so umschreiben: Wer aus materiellen Gründen zu einem dauerhaften Außenseiterdasein gezwungen ist, der ist in diesem Sinne auch arm. Solche Menschen gibt es. Und auch der Hinweis, dass in nicht allzu ferner Zukunft viele ältere Menschen von Verarmung bedroht sind, verdient als echtes Problem Beachtung.
Leider kaschiert aber der großzügig zugrunde gelegte Armutsbegriff des Berichts diese echten Probleme eher, als dass er sie Punkt für Punkt aufzeigt und begründet. Man kann das Ergebnis nämlich auch so lesen: Wenn derzeit in Deutschland tatsächlich mehr als zwölf Millionen Menschen unter der Armutsgrenze leben müssen, dann kann Armut nichts sonderlich Schlimmes sein. Auch wenn es hart klingen mag: Der deutsche Wohlstandsbauch ist ein wenig Pate gestanden bei diesem Armutsbericht.
OTS: Schwäbische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/102275 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_102275.rss2
Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!