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17.01.2017 21:43:55

Südwest Presse: Leitartikel zum NPD-Verbot

Ulm (ots) - Zu unbedeutend, um eine Gefahr zu sein. Diese Einschätzung des Bundesverfassungsgerichtes müsste die NPD fast so schmerzen, wie es ein Verbot der rechtsextremen Partei getan hätte, das die Richter nicht aussprechen wollten. Das verdrängen die Kader der Truppe, die nur noch einen einsamen Abgeordneten (im Europaparlament) stellt, wenn sie ihr dürftiges Überleben nun als "Sieg" feiern. Denn anders als es der Parteislogan "verboten gut" suggerieren will, sahen die Richter in der NPD nur noch den Schatten einer Partei. Rein rechtlich ist das Urteil keine Überraschung. Zu hoch sind die Anforderungen des Grundgesetzes an ein Parteiverbot, die des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg sind noch höher. So ging der Bundesrat ein hohes Risiko ein, als er 2013 den Verbotsantrag stellte. Für den Staat ist das erneute Scheitern - das erste erfolglose Verfahren endete 2003 - eine krachende Niederlage. Es ist niemandem wohl angesichts der Tatsache, dass eine Partei, die "das System" überwinden will, sich von diesem alimentieren lässt. Die NPD dient auch als Scharnier zu "freien Kräften" wie den Kameradschaften. Doch letztlich teilt die notorisch klamme NPD das Schicksal der kommunistischen K-Gruppen der 70er Jahre, die noch der Revolution entgegendämmerten, als sich linkes Denken längst im kulturellen Mainstream verankert hatte: Es bedarf keiner Avantgarde, wenn ihr radikales Gedankengut salonfähig geworden ist. Völkisch-nationalistisches Denken ist bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. Die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat jenen die Tür geöffnet, denen Deutschland schon lange nicht mehr deutsch genug war. Dazu kommt das historische Versagen der politischen Linken, die es nicht vermocht hat, den Verlierern von Globalisierung und Sozialabbau ihre politische Heimat zu erhalten. Die Alternative für Deutschland (AfD) als parlamentarischer Arm und Pegida-Aufmärsche auf der Straße bilden eine breite Bewegung, die weit mehr Stoßkraft entwickelt als die NPD in ihren besten Zeiten. Parteien an den äußersten Rändern des politischen Spektrums sind eine Begleiterscheinung demokratischer Strukturen. Andere Staaten haben sich daran gewöhnt, Deutschland nicht. Das liegt mit an der bewussten Konzeption der Bundesrepublik nach 1949 als wehrhafter Demokratie. In den überschaubaren Zeiten der alten Bundesrepublik mag das Parteienverbot ein probates Mittel gewesen sein, die Landschaft sauber zu halten. Heute verändert sich die Welt in einer Form und Geschwindigkeit, dem dieses schwerfällige Instrument kaum noch gerecht wird. Das Versagen des Staates im Umgang mit der Neonazi-Terrorzelle NSU kann es nicht kaschieren. Pöbelhafter Politikstil und autoritäres Denken, das Demokratie und Rechtsstaat gefährdet, ist in Europa oft Alltag. Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen. Doch im großen Zusammenhang darf man seit gestern sagen: Die NPD ist ein Detail der Geschichte.

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Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218

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