18.02.2013 16:01:00
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Telekom-Prozess: "Kronzeuge-in-spe" Schieszler belastet vier von fünf
Schieszler schilderte in der mehr als fünf Stunden dauernden Befragung am heutigen vierten Tag der Hauptverhandlung im Wiener Straflandesgericht die Kursmanipulation und die anschließende Honorierung des hilfreichen Brokers Johann Wanovits. Für Staatsanwalt Hannes Wandl bot die Aussage des möglichen Kronzeugen bereits im Ermittlungsverfahren tiefe Einblicke, auch in die Medien waren die Aussagen schon gedrungen.
Der heute 42-jährige frühere Jungstar der Telekom Austria wird in dem Verfahren zwar noch als Beschuldigter geführt. Die Staatsanwaltschaft hat ihm aber eine Kronzeugenstellung angeboten, diese ist aber noch nicht fixiert. "Ja, ich will aussagen", sagte Schieszler zu Beginn der Befragung durch Richter Michael Tolstiuk. Durch eine Anwendung der Kronzeugenregelung erhofft er sich eine Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen. Als Voraussetzung dafür muss er mit der Justiz umfassend kooperieren.
Schieszler war Controller und später Festnetz-Vorstand der Telekom. Begonnen hatte er als Assistent von Finanzvorstand Colombo. Eine seiner ersten Aufgaben sei es gewesen, im Konzern eine Milliarde Schilling (72,67 Mio. Euro) an Kosten einzusparen. Später hatte er andere "Verdienste", die den leitenden Managern zwar Prämien brachte, der Telekom aber laut Anklage über 10 Mio. Euro kostete. Schieszler schilderte seine Rolle als Mittelsmann zwischen den Vorständen Colombo und Fischer sowie dem Broker Wanovits, der letztlich für eine Honorierung von "1,5 bis 2 Mio. Euro" von der Telekom den Kurs der Telekom-Aktie im Februar 2004 nach oben trieb und so das für die Manager lukrative Optionenprogramm auslöste. Er habe sich bei Fischer und Colombo noch rückversichert für das entscheidende "Go", weil ohne die Zustimmung der beiden Vorstände hätte er Wanovits nicht eingesetzt, beteuerte Schieszler.
Da Wanovits' kurstreibende Aktion in der Schlussauktion des letzten Tages des Optionenprogramms im Februar 2004 und dessen anschließende Aktienverkäufe die Finanzmarktaufsicht (FMA) auf den Plan riefen, konnte die Honorierung des Brokers nicht über Geschäftskontakte mit der Telekom laufen, meinte der "Kronzeuge in spe". Stattdessen wurde an den Lobbyisten Peter Hochegger ein Scheinauftrag über eine Osteuropa-Studie vergeben in Höhe von 1,5 Mio. Euro. Die Studie erhielt Hochegger gleich von Schieszler, da diese bereits in der Telekom erstellt worden war, Hochegger musste nur die CD auf Geschäftspapier seiner "Valora" ausdrucken und über sein Honorar Bargeld für Wanovits "erzeugen".
Der damalige Controlling-Chef der Telekom, Schieszler, ging dann mit dem nun angeklagten Ex-Prokuristen der Telekom, Trimmel, auf den Naschmarkt in Wien. In einem Lokal wurde dann die Bargeldübergabe an Schieszler vollzogen - das Geld der Telekom floss in 500-Euro-Scheinen-Packerln. Die erste Übergabe erfolgte wenige Monate nach der Kursmanipulation durch Wanovits, dieser habe gedrängt, er müsse seine Spesen ersetzen, so Schieszler. Nach drei Bargeldübergaben 2004/05 gab es dann eine Pause bis zum Jahr 2008. Dann habe Wanovits auf den Rest des ihm versprochenen Honorars gedrängt.
Das sei dann aber nicht über Bargeld, sondern über Scheinstudien für Hochegger abgewickelt worden. Die Telekom habe an den "Studien", die laut Anklage nie übergeben wurden, gar kein Interesse gehabt. Das Geld von der Telekom, etwa 400.000 bis 500.000 Euro, habe er einfach dem Hochegger-Auftrag "Flexibilisierung Beamtenagentur" draufgeschlagen.
Die fünf Angeklagten - Fischer, Colombo, Sundt, Trimmel und Wanovits - verfolgten die Aussagen von Schieszler mit versteinerten Mienen und ohne sichtbare Reaktion. Schieszler wirkte wortgewandt und ließ sich auch durch komplizierte Fragen der Verteidiger nicht aus der Ruhe bringen. In seinem Tagebuch hatte er über eine "Shit list" der Telekom geschrieben, wonach der Vorstand den Aktienkurs nach oben treibe. Mit "Vorstand" habe er aber nur Colombo und Fischer gemeint, mit Sundt habe er nie über das Ganze geredet, beteuerte Schieszler. Trimmel habe sogar überlegt, das Ganze anzuzeigen und sich einen Anwalt zu nehmen - es aber nie getan.
Seine früheren Kostensparambitionen - außer wenn es um die angeklagten 10 Mio. Euro Schaden für die Telekom geht - demonstrierte Schieszler heute in einem Witz: Als er heute hörte, dass die Telekom damals bis zu 70.000 Euro pro Monat alleine für Mineralwasser ausgegeben haben soll, meinte er, wenn er das gewusst hätte, hätte er es sofort abgestellt.
(Schluss) gru/stf/lo
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