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07.09.2014 17:05:31

Trotz Feuerpause Berichte über Kämpfe in der Ukraine

   Von Olga Razumovskaya, Paul Sonne und Stefan Lange

   In den ostukrainischen Kriegsgebieten mehren sich die Anzeichen über ein Wiederaufflammen der Kämpfe und einem Scheitern des am Freitag mühsam zwischen der Ukraine und den prorussischen Separatisten ausgehandelten Waffenstillstandes. Aus mindestens zwei ukrainischen Städten gibt es Berichte über Kampfhandlungen - darunter Raketenbeschuss und Artilleriefeuer. Augenzeugen vor Ort berichten von Kämpfen in der Nacht auf Sonntag und auch am Sonntagvormittag in der Nähe des Flughafens der ukrainischen Stadt Donezk. Das Gebiet um den Flughafen zählt zu den wenigen in der Rebellenhochburg, das von den ukrainischen Truppen bislang noch gehalten werden konnte.

   Darüber hinaus soll es auch vor der ukrainischen Hafenstadt Mariupol zu Kampfhandlungen gekommen sein. Auch diese Großstadt befindet sich derzeit noch in der Hand ukrainischer Verbände, sie wird aber seit einiger Zeit durch moskautreue Kräfte schwer bedrängt.

   Wolodimir Poljowij, ein Sprecher des ukrainischen Sicherheitsrates, bestätigte die Kämpfe um Donezk bzw. Mariupol und sprach von einer Verletzung des Waffenstillstandsabkommens. Allerdings liefen die Friedensbemühungen weiter. "Wir reden nicht über eine Kündigung der geltenden Feuerpause", sagte der Sprecher am Sonntag in Kiew. Lokale Behörden in Mariupol sprachen von einer in der Stadt getöteten Frau und drei Verwundeten seit Inkrafttreten des Abkommens. Sprecher Poljowij wollte allerdings keine Zwischenfälle mit Zivilisten bestätigen. Aktuell liegen keine offiziellen Stellungnahmen aus Moskau zu den Meldungen vor.

   Eine Einheit Freiwilliger, die für die staatliche Integrität der Ukraine und damit gegen die prorussischen Rebellen kämpft, veröffentlichte am Sonntag das Foto einer Explosion mitten in der Nacht. Die ukrainischen Kräfte behaupten, es zeige das Ergebnis eines Beschusses nahe der Stadt Mariupol am Samstagabend. Angeblich soll es sich um russische Grad-Raketen handeln, die auf ihre Stellungen abgefeuert worden seien. Weitere Details wurden nicht genannt. Ebenfalls am Sonntag berichten Augenzeugen von Gefechten und Explosionen am Flughafen von Donezk. Im Stadtzentrum soll es dagegen ruhig geblieben sein.

   Poljowij teilte zudem mit, der Flughafen von Donezk werde weiterhin von ukrainischen Truppen gehalten. Die Situation in Mariupol selbst war ruhig, die Panik unter der Zivilbevölkerung sei am Abflauen. Ukrainische Verbände verstärkten ihre Stellungen nahe der Stadt.

   Trotz der Meldungen über Verletzungen der Feuerpause kehren Bewohner wieder auf die Straßen in ansonsten fast menschenleeren Städten zurück, nachdem sie zuvor in ihren Kellern ausgehalten hatten. In Sugrez, einer Gemeinde im Osten von Donezk, wo die Kämpfe in den vergangenen Tagen eingestellt worden waren, verkehren wieder Pendelbusse und Menschen laufen durch die Straßen. Dennoch bleiben die Straßen und Plätze vergleichsweise menschenleer, auch die meisten Geschäfte sind geschlossen.

   Eine junge Frau in einer lokalen Tankstelle, in der es seit Tagen weder Kraftstoffe noch andere Produkte gibt, schaut nach dem Rechten. Sie äußert wie die meisten Bewohner die Sorge, dass der Waffenstillstand nicht halten werde. "Jeder zweifelt." In der Außenbezirken der Nachbargemeinde finden sich vereinzelt wieder Radfahrer. Allerdings passieren die Straße auch zwei Panzer der prorussischen Rebellen und fahren Richtung Donezk, wo Gewehrsalven und Explosionen auch am Sonntagnachmittag zu hören sind.

   Immerhin scheint der geplante Gefangenenaustausch zu funktionieren. Dieser sollte am Samstag beginnen. Wie die ukrainische Präsidentschaftsberaterin Irina Geraschtschenko mitteilte, soll er sich über eine Woche erstrecken.

   Am Vortag hatte der Kreml mitgeteilt, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und sein russischer Widersacher Wladimir Putin per Telefon die Einhaltung der Feuerpause bestätigt hätten - trotz kleinerer Zwischenfälle. Die Verhandlungsposition Kiews hatte sich in der jüngsten Zeit dramatisch verschlechtert, nachdem immer mehr russische Soldaten - angeblich während ihres Urlaubs - die Separatisten in der Ostukraine im Kampf gegen die ukrainischen Verbände unterstützt hatten.

   Angesichts der fragilen Lage in der Ostukraine hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier von Kiew und Moskau "einen starken politischen Willen" zur Einhaltung einer nachhaltigen Waffenruhe gefordert. In den meisten Gebieten in der Ostukraine, in denen davor noch gekämpft worden sei, ruhten seit Freitag tatsächlich die Waffen, erklärte der SPD-Politiker am Rande seiner Indien-Reise am Sonntag in Neu Delhi. "Aber die Zwischenfälle bei Donezk, Mariupol und anderswo in den letzten 24 Stunden zeigen, wie brüchig die Feuerpause noch immer ist und wie schnell auch jetzt noch militärische Dynamiken vor Ort alle politischen Bemühungen zunichte machen können", warnte der Außenminister. "Für einen wirklich nachhaltigen Waffenstillstand braucht es deshalb einen starken politischen Willen in Kiew und in Moskau, damit alle Seiten die Minsker Vereinbarungen respektieren und das Feuer wirklich einstellen", erklärte Steinmeier.

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   September 07, 2014 10:35 ET (14:35 GMT)

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